Merkel forciert Wettbewerb in EU

Die gemeinsame Bankenaufsicht ab 2014 ist die Basis einer starken Währungsunion.

Um die Schuldenkrise einzudämmen, wollen die Staats- und Regierungschefs die Wirtschafts- und Währungsunion vertiefen: Mehr Koordination, mehr Wettbewerb, klare Regeln und strengere Kontrolle der Haushalte sind die Eckpfeiler für diese neue Konstruktion. Der Sparzwang bleibt aufrecht.
Das Fundament dafür haben die Finanzminister in einer Nachtsitzung mit der gemeinsamen Bankenaufsicht für die Eurozone gelegt.

Die Europäische Zentralbank (EZB) soll rund 150 Kreditinstitute überwachen. In Österreich sollen es neun sein: Raiffeisen Zentralbank (inklusive Raiffeisen Bank International), Erste Group, Bank Austria (über die UniCredit), Bawag PSK, Volksbanken AG, die beiden Raiffeisenlandesbanken Niederösterreich-Wien und Oberösterreich, die Kontrollbank sowie die Kärntner Hypo Alpe Adria Group. Einige grenzüberschreitend tätige Banken könnten dazu kommen.

Durchgriffsrechte

Bei Anzeichen von Problemen soll die EZB auch bei kleineren Banken eingreifen, die grundsätzlich unter nationaler Kontrolle bleiben.

Das Kontrollsystem unter dem Dach der EZB soll im März 2014 starten. Die Notenbank muss rasch Hunderte von Bankenaufsehern anheuern, um ihre neuen Aufgaben zu bewältigen. Sie soll künftig alle Banken überwachen, deren Bilanzsumme 30 Mrd. Euro oder ein Fünftel der Wirtschaftsleistung ihres Heimatlandes übersteigt. Damit hat sich Deutschland durchgesetzt, es hat sich gegen eine Überwachung seiner rund 1500 kleinen Banken durch die EZB gewehrt. Frankreich wollte eine Aufsicht für alle Kreditinstitute.

EZB hat das letzte Wort Zugeständnisse machte Berlin in der Frage der Macht der EZB. Hier soll der EZB-Rat, der auch die Geldpolitik der Notenbank bestimmt, das letzte Wort haben.

Erst wenn die Bankenkontrolle steht, soll der Euro-Rettungsschirm ESM Banken direkt mit Kapitalhilfen ausstatten. Danach könnten ein gemeinsames System zur Abwicklung von Banken in der EU und einheitliche Regeln für die Einlagensicherung folgen. Damit wäre der Grundstein für ein engeres Zusammenrücken hin zu einer Wirtschaftsunion gelegt.

Wie diese ausgestaltet sein soll, darüber gab es große Differenzen. Im Entwurf der Gipfel-Schlussfolgerungen findet sich der Stufenplan von Ratspräsident Herman Van Rompuy nicht mehr. Widerstand kam von Merkel, die ein eigenes Budget für die Euro-Zone ablehnt.

Frankreichs Präsident François Hollande sieht darin neues Geld, um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und Infrastrukturprojekte zu finanzieren. Im Élysée ist von einer europäischen Arbeitslosenversicherung die Rede.

Merkel hingegen will, dass die Euro-Staaten Verträge mit der EU über Strukturreformen für mehr Wettbewerbsfähigkeit abschließen und kurzfristige Maßnahmen aus dem Euro-Budget finanzieren.

Italien und Frankreich machten sich für eine neue Berechnung der Budgetdefizite stark. Öffentliche Investitionen sollten berücksichtigt werden. Die Defizite würden dadurch geringer ausfallen.

Härtere SozialpolitikMehr Wettbewerbsfähigkeit bedeutet für Merkel auch eine härtere Sozialpolitik. Die Kürzung der Lohnstückkosten habe in Irland, Portugal und Griechenland schon zu mehr Konkurrenzfähigkeit beigetragen, argumentiert die Kanzlerin.

Österreich sieht diese Pläne pragmatisch: „Es wird darauf ankommen, wie genau die vertraglichen Vereinbarungen ausgestaltet werden“, heißt es im Büro von Bundeskanzler Werner Faymann.

Aufatmen kann Griechenland. 49 Milliarden Euro an Hilfskrediten wurden am Donnerstag freigegeben.

Hinter den Kulissen wurde auf dem Gipfel fieberhaft an einer Nachfolge-Lösung für Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker gearbeitet. Er gibt seinen Posten Anfang 2013 nach acht Jahren auf. Finnlands Premier Jyrki Katainen bringt den niederländischen Finanzminister Jeroen Dijsselbloem ins Spiel.

Bundeskanzler Werner Faymann wird am 15. Jänner das EU-Parlament in Straßburg besuchen und im Plenum eine Rede über die Zukunft der Europäischen Union halten. Im Anschluss diskutiert er darüber mit den Abgeordneten. Der letzte Auftritt eines österreichischen Kanzlers in Straßburg war 2006, als Wolfgang Schüssel während des österreichischen EU-Vorsitzes zu Gast war. Auftritte im Parlament außerhalb der EU-Präsidentschaft sind sehr selten. Nach Faymann kommt im Februar François Hollande in das Parlament.

Die EU lässt die Beitrittskandidaten zappeln: Erst im Frühjahr wollen die Regierungschefs entscheiden, wann sie mit Serbien und Mazedonien Beitrittsverhandlungen aufnehmen. Dann könnte auch über eine EU-Annäherung mit dem Kosovo entschieden werden.

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