Deutsche Medienbeobachter sind sich einig: Der Skandal, der die ARD-Vorsitzende Patricia Schlesinger vergangene Woche zu Fall brachte, hinterlässt einen Schaden an der Glaubwürdigkeit der öffentlich-rechtlichen Medien in Deutschland, der sich nicht nur mit Geld beziffern lässt. Und doch lässt sich das Ausmaß an Gebührenverschwendung unter Schlesingers Leitung gerade anhand der Kosten festmachen.
17.000 Euro soll alleine der neue italienische Parkettboden in Schlesingers Büro gekostet haben, das insgesamt um fast 660.000 Euro renoviert wurde. In ihrem Hauptjob als Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) verdiente die 61-Jährige zuletzt mehr als 330.000 Euro jährlich, dazu kam ein Bonus von weiteren 20.000 Euro. Ausgerechnet, weil sie Sparziele bei den Gehältern der Belegschaft umgesetzt hatte.
Staatsanwaltschaft ermittelt
All das war ein Auszug der zahlreichen Enthüllungen deutscher Medien – der Business Insider berichtete zuerst – die Schlesinger am vergangenen Donnerstag zur Abgabe des ARD-Vorsitzes zwangen. Am Sonntag trat sie dann auch als RBB-Intendantin zurück. Ihrer öffentlichen Mitteilung nach („persönliche Anwürfe“, „Diffamierungen“) tat sie es unfreiwillig.
Vielleicht hatte sie schon geahnt, dass ihr Gebaren ein juristisches Nachspiel haben würde. Am Montag gab die Staatsanwaltschaft Berlin bekannt, nun auch Ermittlungen gegen die 61-Jährige aufgenommen zu haben. Es geht um den Verdacht der Untreue und der Vetternwirtschaft.
Schlesingers engster Vertrauter soll ausgerechnet Wolf-Dieter Wolf sein, der Vorsitzende des RBB-Verwaltungsrats. Also jenes Gremiums, das eigentlich dazu zuständig wäre, die Intendantin zu kontrollieren; stattdessen wurde dort eine Erhöhung von Schlesingers Jahresgehalt um satte 16 Prozent durchgewunken.
Wolf ist gleichzeitig Aufsichtsratschef der Berliner Messegesellschaft und damit in die zentralen Vorwürfe im Fall Schlesinger entscheidend mitverstrickt: So haben sich etwa die Kosten für den Bau eines neuen RBB-Büros in Berlin wegen dubioser Verträge mit Beratern und externen Firmen verdoppelt; darunter auch ein teurer Mietvertrag mit der Messe Berlin. Über Wolf soll Schlesinger aber auch ihrem Ehemann einen Beraterjob bei der Messe verschafft haben, für den dieser ihren luxuriösen Dienstwagen (mit Massagesessel) genutzt haben soll.
Debatte um Gebühren
Die Aufarbeitung des Falls ist medial weiter in vollem Gange und hat eine neuerliche Debatte um Rundfunkgebühren losgetreten. Die muss in Deutschland jeder Haushalt unabhängig von Empfangsgeräten bezahlen. Mehr als acht Milliarden Euro kommen so für die Öffentlich-Rechtlichen zusammen – mehr als in jedem anderen Land weltweit.
Die Debatte nimmt gerade bei der öffentlich-rechtlichen Berichterstattung absurde Auswüchse an: So durfte der Medienjournalist Stefan Niggemeier etwa am Montag in den ARD-Tagesthemen live die Kontrollgremien des Senders hinterfragen.
In der Abendschau des RBB interviewte Moderatorin Sarah Oswald sogar ihren eigenen Programmdirektor – und grillte ihn: „Die Transparenz, von der sie sprechen, gibt es hier einfach nicht!“
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