Manchester: Attentäter soll von Rache getrieben worden sein

Manchester: Attentäter soll von Rache getrieben worden sein
Motiv könnte Ermordung eines Freundes durch britische Jugendliche gewesen sein.

Der libyschstämmige Selbstmordattentäter von Manchester soll nach Angaben aus seinem Umfeld von "Rache" angetrieben worden sein. Das Rachemotiv gehe auf die Ermordung eines ebenfalls libyschstämmigen Freundes durch britische Jugendliche im vergangenen Jahr in Manchester zurück, erfuhr die Nachrichtenagentur AFP am Donnerstag aus dem Umfeld der Familie des Attentäters.

Abdul Wahab Hafidah, ein Freund des 22-jährigen Attentäters Salman Abedi, war britischen Medienberichten zufolge im Mai 2016 in Manchester von britischen Jugendlichen verfolgt und schließlich erstochen worden. Die mutmaßlichen Mörder stehen derzeit vor Gericht. Wie aus Abedis Umfeld verlautete, löste die Tat Wut unter jungen Libyern in Manchester und insbesondere bei Salman Abedi aus.

"Er äußerte ganz deutlich seinen Wunsch nach Rache", sagte die Quelle, die anonym bleiben wollte, der Nachrichtenagentur AFP. "Wir konnten die jungen Leute in der Gegend beruhigen, die das Gefühl hatten, sie seien als Muslime angegriffen worden", sagte die Quelle. "Aber es schien so, als hätte Salman den Vorfall nicht vergessen. Ich habe persönlich mit ihm gesprochen und versucht, ihm klarzumachen, dass es nur eine Straftat war."

Salman Abedi wird für den Selbstmordanschlag auf ein Popkonzert am Montagabend in Manchester verantwortlich gemacht. Dabei wurden 22 Menschen getötet und mehr als 100 verletzt. Unter den Opfern sind viele Kinder und Jugendliche.

Es war nur eine Sporttasche, und doch hielt die am Donnerstag Manchester erneut in Atem. Einheiten von Polizei und Armee samt Dutzenden Spezialisten für Bombenentschärfung rückten gegen Mittag im Südwesten der Stadt zu einem Großeinsatz in einem College aus.

Das Ganze stellte sich schließlich als Fehlalarm heraus, demonstrierte aber erneut die Nervosität der britischen Sicherheitskräfte auch drei Tage nach dem Blutbad am Rande eines Popkonzerts in der nordenglischen Industriestadt. Im ganzen Land herrscht weiterhin die höchste Sicherheitsstufe, auch weil die Fahndung nach den Hintermännern des Selbstmordattentäters Salman Abedi inzwischen zumindest eines deutlich gemacht hat: Es handelt sich um ein hochprofessionelles Terrornetzwerk.

Hinweise darauf lieferten etwa Zünder und andere Bombenbauteile, die in der Wohnung des Terroristen gefunden wurden. Es handelt sich nach Ansicht von Sicherheitsexperten um Material, dessen Herstellung und Handhabung hohe technische Sachkenntnis verlangt. Die Zünder sollen die gleiche Bauart haben wie jene, die bei den Anschlägen in Paris und Brüssel verwendet wurden. Ein möglicher Hinweis darauf, dass auch der Manchester-Attentäter Verbindungen zum Terrornetzwerk IS hatte. Ein Verdacht, den etwa auch französische Ermittler ebenfalls äußern.

Libyen im Blickfeld

Ähnlich äußert sich auch einer der Brüder Abedis, der in Manchester festgenommen wurde. Dieser sei Mitglied der Terrormiliz IS gewesen. Der Vater allerdings, der in Libyen von einer Anti-Terroreinheit der Regierung verhaftet worden ist, will an eine Verbindung seines Sohnes zu jeglicher Terrorgruppe nicht glauben: "Er hat diese Ideologie nicht, glaubt nicht an so etwas." Als gebürtiger Libyer, der in den Neunzigerjahren aus dem Land und vor Diktator Gaddafi geflohen war, ist Ramadan Abedi 2011 in seine alte Heimat zurückgekehrt, mit ihm zumindest ein Bruder des Terroristen, der ebenfalls nach dem Anschlag verhaftet wurde.

Welche Rolle seine Familie bei der Radikalisierung Salmans gespielt hat, ist vorerst unklar. Zumindest einer seiner Brüder soll sich in Manchester in denselben Kreisen bewegt haben.

Geheimdienst-Krach

Während die Ermittlungen nach Auskunft der britischen Polizei auf Hochtouren laufen und neben den acht Verhaftungen auch "bedeutsame Funde" gebracht haben, herrscht bei den britischen Behörden massive Verärgerung über die Kollegen vom US-Geheimdienst. War schon der Name des Terroristen zuerst in einer US-Zeitung aufgetaucht, so wurden jetzt hochbrisante Aufnahmen von Bruchstücken des verwendeten Sprengstoffgürtels ebenfalls in US-Zeitungen veröffentlicht. Offensichtlich gibt es bei den US-Geheimdiensten eine undichte Stelle, über die Medien mit geheimen Informationen gefüttert wurden. Die Briten haben den Austausch von Daten in dem Fall vorerst eingestellt.

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