"Making America Worse": Trumps Casino-Imperium in Atlantic City

Donald Trump ist ein gemachter Mann, ein Immobilien-Tycoon, der in den vergangenen Jahren viel Geld verdiente und Tausende Arbeitsplätze geschaffen hat. Allerdings hat er mit seinen Casinos in Atlantic City nicht nur ein finanzielles Fiasko erlebt, sondern auch Tausende Arbeitsplätze verloren.

Er tritt als Stimme der unzufriedenen Amerikaner auf, kritisiert das "schmutzige" System und schimpft auf jene, die nichts für die Arbeiterklasse übrig haben. Erst kürzlich, am Parteitag der Republikaner im Juli dieses Jahres, stilisierte sich Donald Trump zum "working-class-hero". Wenn er US-Präsident ist, wird er Millionen Arbeitsplätze zurück in die USA bringen; insgesamt 25 Millionen Jobs, konkretisierte er im darauffolgenden September.

Gerne verweist Trump in Interviews und Reden auf seine ökonomischen Erfolge, auf das, was er alleine geschaffen hat. Sein Gespür für den richtigen "Deal" sei es gewesen, das seinen Aufstieg in der New Yorker Immobilienbranche ermöglichte - und eine "minimale" Starthilfe seines wohlhabenden Vaters (Trump spricht von einer Million, Experten von mehr). Zudem war der exzentrische Multimillionär 25 Jahre lang Besitzer und Manager von drei Casinos in Atlantic City, mit denen er ein finanzielles Fiasko erlebte und Verluste von 916 Millionen Dollar geltend gemacht hat (mehr dazu hier).

Aber er habe Zehntausende Jobs geschaffen und erfolgreiche Unternehmen geleitet, posaunt Trump, und gerade deshalb soll er Präsident der Vereinigten Staaten werden. Nur er sei in der Lage, die USA wieder erfolgreich zu machen - "Make America Great Again" eben. Allerdings gibt es einen Haken: Daten von der Casino-Behörde in New Jersey zeigen, dass Trumps Arbeitsplatzpolitik im Casino-Geschäft alles andere als rosig verlaufen sind - zum eigenen Vorteil hat es aber immer gereicht.

"Making America Worse"

Unter dem Titel "Making America Worse: Jobs and Money At Trump Casinos, 1997-2010" hat Jonathan Lipson, Rechtsprofessor an der Temple Law School in Philadelphia, Trumps Casino-Imperium (The Trump Taj Mahal, The Trump Plaza und The Trump Marina) analysiert und mit anderen Marktteilnehmern verglichen. Die Conclusio des Zahlenkonvoluts lautet: Die Casinos des Republikaners haben zum einen mehr Arbeitsplätze verloren als Nicht-Trump-Casinos, zum anderen mussten sie im Gegensatz zur Konkurrenz deutlichere Gewinneinbußen hinnehmen und öfters als alle anderen in die Insolvenz geschickt werden.

Fairerweise sei gesagt, dass in den Neunziger- und Nuller-Jahren des neuen Jahrtausends die gesamte Branche gelitten hat, doch die Casinos von Donald Trump, in denen er zwischen 1997 und 2010 entweder Hauptaktionär, CEO oder Manager war, schnitten deutlich schlechter ab als die Konkurrenz. Das zeigen Daten aller Casinos, die von der New Jersey’s Casino Control Commission erhoben wurden.

In Trump-Casinos verlor man schneller seinen Job

Die durchschnittliche Anzahl der Mitarbeiter in Trumps Atlantic City Casinos sank um 50 Prozent, von 4.926 Mitarbeitern im Jahr 1997 auf 2.463 im Jahr 2010. Ein Nicht-Trump-Casino hingegen verlor im Durchschnitt nur 35 Prozent seiner Arbeitsplätze, von 4.468 auf 2.921 Mitarbeiter. Anders gesagt: Der Geschäftsmann hat im Durchschnitt etwa 900 Stellen pro Casino mehr abgebaut als seine Konkurrenten. Bedeutet auch, dass die Wahrscheinlichkeit in einem Trump-Casino seinen Job zu verlieren um 40 Prozent höher war als in den anderen Casinos.

Finanziell erging es Trumps Unternehmen in Atlantic City um nichts besser: Der durchschnittliche Erlös verringerte sich zwischen den Jahren 1999 und 2010 um 42 Prozent, von 377 Millionen US-Dollar auf 220 Millionen US-Dollar. Dagegen sank der Umsatz bei einem Nicht-Trump-Casino um nur 27 Prozent im gleichen Zeitraum (von 394 Millionen US-Dollar auf 286 Millionen US-Dollar).

Für Lipson, der Experte für Insolvenzen ist, bedeuten die Zahlen allerdings mehr. Statistisch seien sie so "signifikant", dass die Casinos von Trump nicht der "Zufälligkeit" des Marktes zum Opfer fielen, sondern der Willkür des Managements. Der Niedergang habe was damit zu tun, "wie die Casinos geführt wurden", sagt der Rechtsprofessor im Kurier.at-Gespräch.

Nun könnte man einwenden, dass Trump trotzdem Arbeitsplätze in Atlantic City geschaffen hat, auch wenn die Hälfte wieder abgebaut wurde. Lipson verweist allerdings auf den direkten Vergleich mit der Konkurrenz, die in derselben Branche, am selben Platz und zur selben Zeit tätig waren. Zudem seien sie mit denselben Marktbedingungen und Rezessionen zwischen 1997 und 2010 konfrontiert gewesen wie Trump. "Die Performance seiner Casinos war nicht gut, sie war nicht im Durchschnitt, sie war sehr schlecht", sagt er.

Trumps Erfolg in "Las Vegas B"

Dass es den Unternehmen schlecht ergangen ist, heißt aber nicht unmittelbar, dass Trump persönlich ein finanzielles Waterloo erleiden musste. Während seine Unternehmen in die Brüche gingen oder knapp davor sind, musste der US-Präsidentschaftskandidat nicht leiden. "Atlantic City war wichtig für mein wirtschaftliches Wachstum. Die Geldmenge war unglaublich", zitiert die New York Times Trump.

Zu verdanken hat er das allerdings nicht seinem Gespür für "Deals" oder erfolgreichen Casinos im "Las Vegas B", sondern - wie offenbar auch bei seinen Steuern - der Gesetzeslage in den USA. Insgesamt schickte der Immobilien-Tycoon seine Casinos viermal zu einer beaufsichtigen Insolvenz (Chapter 11 des US-Insolvenzrechts). Somit mussten Gläubiger auf enorme Teile ihrer Forderungen verzichten, damit seine Unternehmen weiterhin geschäftstätig bleiben konnten. Viele US-Unternehmer würden es auch so machen und es sei eine gute Taktik, um das Geschäft zu reorganisieren und Arbeitsplätze zu sichern, rechtfertigte Trump diese Vorgehensweise.

Tatsächlich ist Chapter 11 genau dafür geschaffen worden. Insolvente Unternehmen bekommt Luft für Restrukturierungsmaßnahmen, damit können sie ihre Betriebserlöse verbessern und Jobs erhalten. Für Gläubiger, so die Annahme, sei es nämlich besser, wenn Unternehmen weitergeführt und nicht vollständig liquidiert werden.

Diese Ansicht vertritt auch Rechtswissenschaftler und Insolvenz-Experte Lipson, ergänzt aber, dass Trumps Casinos trotzdem nicht in Fahrt gekommen sind. Gläubiger hätten zwar akzeptiert, dass Schulden nachgelassen worden sind, aber zu einer Verbesserung kam es nie. Jahr für Jahr schrieben die Unternehmen heftige Verluste, Arbeitsplätze wurden abgebaut und der Gang in die nächste Insolvenz war unvermeidbar. 2010 verlor Trump dann vollständig die Kontrolle seines Imperiums.

Der Republikaner hat es aber geschafft, einen Vorteil aus den angehäuften Verlusten zu ziehen. Zwischen 2001 und 2005 verdiente er nämlich mindestens 16 Millionen Dollar alleine durch das Glücksspiel-Geschäft. Das ist das 120-fache Einkommen eines einfachen Angestellten dieser Branche (26.000 Dollar pro Jahr) oder das Sechsfache eines durchschnittlichen Casino-Managers.

Kann Trump sein Versprechen einlösen?

Natürlich ist Trumps Versprechen, Arbeitsplätze für jene zu schaffen, die ihre Jobs verloren haben, recht gut gewählt. Immerhin gehören einer aktuellen Gallup Umfrage zufolge Beschäftigung und Arbeitsmarkt neben Wirtschaft, Sicherheits- und Gesundheitspolitik zu den wichtigsten Wahl-Motiven für die Lager beider Kandidaten – Hillary Clinton und Donald Trump.

Aber auch, wenn Trump in der Vergangenheit Arbeitsplätze in der Baubranche geschaffen hat, würden die Daten der Casino Control Commission zeigen, dass der US-Präsidentschaftskandidat der Republikaner weniger Jobs erhalten und weniger Geld gemacht habe als die Konkurrenz, sagt Lipson. "Trump will Amerika wieder erfolgreich machen. Aber wenn seine Casinos zwischen 1997 und 2010 nur ein Indiz dafür sind, was er als Präsident machen wird, dann wird er Amerika schlechter machen."

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