Slowakei: Fico opfert Verbündeten, Krise eskaliert weiter

Die politsche Krise nach dem Mord an einem Reporter eskaliert weiter. Auch nach dem Rücktritt des Innenministers steht Regierung Fico vor dem Aus.

"Unantastbar", das war die Bezeichnung, die politische Beobachter in Bratislava gerne für Robert Kalinak benützten. Der Innenminister galt als der engste Vertrauensmann von Premier Fico und – wie es ein Vertreter der Opposition gegenüber dem KURIER formuliert – als dessen "letzte Schutzmauer". Viele undurchsichtige Geschäfte, in die auch der Regierungschef persönlich verwickelt war, liefen über Kalinak. So etwa jenes mit der Luxuswohnung in Bratislava, in der Fico residiert – und das zu einem Preis, der für Verwunderung sorgt. Dieses 380 Quadratmeter große Anwesen gehört nach Medienberichten einem wegen Steuerbetrug verurteilten Unternehmer – und Du-Freund des Innenministers.

Mittelsmann Kalinak

Nun aber war Kalinaks Fall nicht mehr zu verhindern. Am Montag trat er endgültig ab. Zu tief scheint der Minister auch in jene Affären verwickelt, die durch den Mord an dem Enthüllungs-Reporter Jan Kuciak, und dessen letzte Recherchen ans Tageslicht gekommen sind. Die italienische Mafia hat sich in der Ostslowakei festgesetzt, um sich dort durch Missbrauch von EU-Fördergeldern zu bereichern. Von ihr führen zahlreiche Spuren zur Spitze der Regierung – und auch die laufen über Kalinak. Deshalb hatte in der Vorwoche sogar ein Ministerkollege aus der Regierung dessen Rücktritt gefordert.

Slowakei: Fico opfert Verbündeten, Krise eskaliert weiter
Protesters wave national flags during a rally under the slogan "For a Decent Slovakia", against corruption and to pay tribute to murdered Slovak journalist Jan Kuciak and his fiancee Martina Kusnirova on March 9, 2018 at the Slovak National Uprising (SNP) square in Bratislava, Slovakia. Demonstrations were expected to be held in dozens of Slovak cities and also abroad after the murder of investigative journalist Jan Kuciak, who was probing alleged high-level political corruption / AFP PHOTO / JOE KLAMAR

Er setze den Schritt vor allem, um die Situation endlich wieder zu "beruhigen", erklärte Kalinak bei seinem Abschiedsauftritt vor der Presse. Doch dass ihm das gelingt, erscheint mehr als zweifelhaft. Mehrere führende Vertreter der Ungarn-Partei Most-Hid, Koalitionspartner von Ficos SMER in der Regierung, haben sich bereits offen für den Rücktritt der gesamten Regierung und vorzeitige Neuwahlen ausgesprochen. Sollten sie aus der Regierung ausscheren, steht Fico ohne Mehrheit da.

"Nur ein Anfang"

Den ganzen Montag über liefen hektische Verhandlungen, viele davon in der Präsidentschaftskanzlei in Bratislava. Schließlich drängt auch Staatspräsident Andrej Kiska – ein politischer Intimfeind von Premier Fico – auf Neuwahlen. Auch auf der Straße, wo die Proteste seit der Vorwoche ständig größer werden, hat man längst sein Urteil gefällt. "Kalinak kann nur ein Anfang sein", erklärt die Bürgerplattform "Für eine anständige Slowakei", die am vergangenen Freitag allein in Bratislava 50.000 Menschen auf die Straße brachte. Für kommenden Freitag hat man zu neuen Protesten aufgerufen.

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