Lobby-Skandal: Die peinliche Rückkehr des David Cameron

Konservativer britischer Ex-Premier David Cameron
Der konservative britische Ex-Premier hat verhängnisvolle SMS geschrieben. Seine Lobby-Affäre wirft lange Schatten auf Johnsons Regierung

Als Hauptfigur in einem britischen Wirtschafts- und Polit-Krimi ist der konservative Ex-Premier David Cameron zurück im Rampenlicht. Und er wirft einen langen Schatten auf den aktuellen Amtsinhaber und Parteikollegen Boris Johnson.

Das erfolgreiche Vakzin-Programm und Englands Corona-Lockerungen haben Johnson zu einem Impfbonus verholfen. Aber seit Tagen dreht sich in London alles um einen potenziellen Lobbying-Skandal, bei dem Cameron, die insolvente Finanzfirma Greensill Capital und Minister die Hauptrollen spielen.Für die Opposition ist das Teil eines stimmigen Bildes der „Kumpelherrschaft“ der konservativen Tories. Sie hatten zu Beginn der Pandemie Milliarden-Aufträge für Masken und anderes ohne Ausschreibung an Spender und Freunde verteilt. Dann geriet Johnson wegen der Renovierung seiner Amtswohnung in die Kritik; es wird geprüft, ob Partei-Spenden verwendet wurden. Und nun das Lobbying-Pulverfass.

Lobby-Skandal: Die peinliche Rückkehr des David Cameron

David Cameron und sein Nach-Nachfolger Boris Johnson (Bild von 2015)

Labour-Chef Keir Starmer hat Lunte gerochen und stellt die heutigen Tories als Reinkarnation der „Vetternwirtschaft“ der Ära John Majors dar. „Zwielichtige Verträge, privilegierter Zugang und Jobs für Kumpels – das ist die Rückkehr des Tory-Filzes“, sagt Starmer.

„Labour versucht, an die 90er zu erinnern als die Konservativen auch lange an der Macht waren“, sagt Professor Steven Fielding von der Universität Nottingham dem KURIER. „Am besten erinnern sich daran ältere Wähler, die Labour zurückgewinnen will“.

Tolerierte Affäre

Der Politologe Pete Dorey von der Uni Cardiff aber sagt dem KURIER, Johnsons Impfbonus sei vorerst ein Schutzschild: „Viele sind einfach dankbar, dass im Sommer eine gewisse Normalität zurückkehren könnte und werden diese Affäre tolerieren“.

Als Premier engagierte Cameron 2012 den Finanzmann Lex Greensill als Berater. Zwei Jahre nach Camerons Rücktritt 2016 begann dieser dann Greensill zu beraten. Nach der Insolvenz dessen Firma kam heraus, dass der Ex-Regierungschef bei Finanzminister Rishi Sunak per SMS an dessen Privathandy Finanzhilfe urgiert hatte – ohne Erfolg. Aber Sunak schien die Anfrage intensiv zu prüfen. Und um mögliche Aufträge zu besprechen, traf Cameron Gesundheitsminister Matt Hancock zu Drinks. Er weist Fehlverhalten zurück, aber räumt ein, er hätte offizielle Kanäle wählen sollen.Johnson ordnete eine Prüfung des Falls Cameron an, aber die Tories stimmten gegen einen Untersuchungsausschuss.

Doch die Affäre zieht weitere Kreise. So wurde bekannt, dass zwei Top-Beamte Camerons gleichzeitig für Greensill und die Regierung arbeiteten. Und dass Hancock nicht offen legte, dass eine Firma, die einen Vertrag vom Gesundheitsdienst bekam, Familienmitgliedern gehörte.

"Eine offene Tür"

Laut BBC gibt es mittlerweile sieben Untersuchungen über die verschwimmenden Grenzen zwischen britischer Politik und Privatwirtschaft von diversen Stellen. Johnsons Kabinettssekretär wies alle Beamte an, Nebenjobs zu melden, die Konflikte darstellen könnten. Experten meinen, dass unter geltenden Regeln die meisten Vorfälle wahrscheinlich nicht illegal waren.

Starmer sieht das als den wahren Skandal und fordert Reformen. Denn zwischen Regierung und Lobbyisten bestehe „keine Drehtür, sondern eine offene Tür“.

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