Laschet spielt auf Zeit: Ein Rückzug auf Raten

Laschet spielt auf Zeit: Ein Rückzug auf Raten
Trotz historischer Wahlniederlage hielt Laschet bisher an seiner Position fest – nun kündigte er eine personelle Neuaufstellung an.

Wer vor die CDU-Zentrale in Berlin kommt, sieht das Gesicht von Armin Laschet noch groß auf einem Plakat – in einer Reihe mit Konrad Adenauer, Helmut Kohl und Angela Merkel. Der 60-jährige Mann aus Aachen sollte der nächste sein, der als Kanzler in die Annalen der Bundesrepublik eingeht. Nun wird er dort eher einen Platz in den Reihen der unglücklichen Wahlkämpfer finden.

Seit der historischen Niederlage von 24,1 Prozent war er zunehmend in die Kritik geraten. Donnerstagabend 18.30 Uhr stellte er sich bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz vor die Journalisten, um darauf zu reagieren, was sich Kommentatoren und Beobachter seit Tagen fragen: Wie lange wird er sich als Parteichef halten?

Neue Persönlichkeiten

Doch an eine klassische Rücktrittserklärung schien er nicht zu denken. Laschet sprach von der Aufarbeitung des Wahlergebnisses und einer personellen Neuaufstellung der CDU – vom Vorsitzenden über Präsidium bis zum Bundesvorstand, die man „zügig anpacken“ wolle. Die CDU solle „mit neuen Persönlichkeiten einen Neuanfang machen, ob in der Regierung oder in der Opposition“.

Bis zuletzt hatte er sich an die vage Hoffnung Kanzleramt geklammert – mit einem Bündnis aus Grünen und FDP. Obwohl sich diese am Mittwoch für Sondierungen mit der SPD ausgesprochen haben, signalisierte er weiterhin Gesprächsbereitschaft. Kurze Zeit später stellte sich sein Rivale um die Kanzlerkandidatur, CSU-Chef Markus Söder, in München vor die Kameras und erteilte dem eine Absage.

Ein weiterer Beleg für die schwindende Autorität des Parteivorsitzenden – eine solche Ansage hätte von ihm kommen können. Gestern versuchte er dieses Bild zurechtzurücken – mit der Andeutung seines selbstbestimmten Rückzugs und dem Hinweis, dass er Gespräche für eine Jamaika-Regierung weiter für möglich hält. „Das Angebot der CDU steht bis zur letzten Sekunde der Regierungsbildung“, so Laschet. Er habe die Rückendeckung des Präsidiums für Verhandlungen, gleichzeitig würde er dafür den Weg frei machen. „Das große Projekt Jamaika wird nicht an der Person scheitern“, erklärte er in Richtung Grüne und FDP. Beide haben sich der Bildung einer Reformregierung verschrieben und würden nach Laschets Rückzug keinen Wahlverlierer zum Kanzler krönen.

Ungewiss ist aber, wen sie stattdessen ins Kanzleramt heben würden. Mit Blick auf die Neuaufstellung kündigte Laschet die Einberufung eines Parteitages an. Ort und Datum ließ er zunächst offen.

Dort wird die CDU vielleicht nicht nur einen neuen Vorsitzenden wählen, sondern sich auch in der Auswahl und im Umgang mit ihrem Spitzenpersonal hinterfragen müssen. Als sich Angela Merkel 2018 vom Vorsitz zurückzog, hinterließ sie ein Machtvakuum, das weder Annegret Kramp-Karrenbauer noch Armin Laschet schließen konnten. Die letzten Jahren waren von Personaldebatten geprägt – „immer sei es dabei gegeneinander gegangen“, befand Laschet, ohne zu erwähnen, dass er selbst gegen Kramp-Karrenbauer gekeilt hat. Er wolle nun einen „anderen Weg gehen“, einen „Weg des Konsens“.

Beim Aufarbeiten könnten einige Christdemokraten aber auch nach München zeigen. Seit Laschet den Machtkampf um die Kanzlerkandidatur mit Söder für sich entschied hat, ließ dieser keine Gelegenheit aus, Giftpfeile zu schießen – mehr, oder weniger subtil. Die Erzählung, dass Söder der „Kandidat der Herzen“ sei, hält dieser selbst nach der Wahl aufrecht.

Kommentare