Kurz: "Die meisten Toten entstehen, wenn wir in Europa offen sind"

Kurz: "Die meisten Toten entstehen, wenn wir in Europa offen sind"
Der Außenminister begrüßt die Schließung der Balkanroute als "Ende des staatlichen Durchwinkens".

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) begrüßt die Schließung der Balkanroute für Flüchtlinge: "Wir haben monatelang darauf hingearbeitet", so Kurz am Dienstag in der ORF-"ZiB2". Dass nun bei Ausweichrouten über das Mittelmeer mehr Tote zu befürchten seien, kommentierte Kurz so: "Die meisten Toten entstehen, wenn wir in Europa offen sind und dazu verleiten, dass sich immer mehr auf den Weg machen."

Die von Slowenien und Serbien verkündeten Maßnahmen (siehe unten) bedeuten für den Außenminister "das Ende des staatlichen Durchwinkens". Er habe dies immer kritisiert. "Ich habe im Sommer schon gesagt, dass das falsch ist." Dass es den meisten Migranten nur darum gehe, in Ländern wie Deutschland oder Österreich ein besseres Leben zu finden, würden die Proteste an der griechisch-mazedonischen Grenze zeigen, wo Kriegsflüchtlinge an sich in Sicherheit seien. "Sie sind bereit zu Gewalt, um vom EU-Land Griechenland in das Nicht-EU-Land Mazedonien zu kommen." In Griechenland würden außerdem Flüchtlingsquartiere leerstehen, weil die Menschen ohnehin nicht dortbleiben wollten.

Deal mit Türkei noch nicht die Lösung

Man müsse den Menschen aber generell den Anreiz nehmen, nach Europa aufzubrechen. Zu einem möglichen Flüchtlingsabkommen mit der Türkei, das auf dem nächsten Gipfel am 17. und 18. März in Brüssel weiterdiskutiert werden soll, meinte der ÖVP-Politiker, ein Deal mit der Türkei dürfe nicht als "Lösung" betrachtet werden. "Er kann nur ein Element sein, Europa muss möglichst viel selbst leisten." Hilfe solle es vermehrt an Ort und Stelle und für die "Ärmsten der Armen" geben. Er sein Fan von Positionen wie jener der britischen Premiers David Cameron. "Er hat gesagt, wir nehmen 20.000 Waisenkinder auf."

Die slowenische Polizei werde die Vereinbarung aus Zagreb, mit der die Polizeichefs der Transitländer und Österreichs im Februar den Transport von Flüchtlingen und gemeinsame Registrierung akkordierten, nicht mehr durchführen, hieß es. Davon seien andere Länder bereits benachrichtigt worden, berichtete das Innenministerium.

Slowenien will die Schengen-Regel ab sofort wieder voll und ganz anwenden. Wegen der Flüchtlingskrise war ihre Durchführung bisher teilweise ausgesetzt. Die Einreise ins Land wird nur noch jenen Personen gewährt, die dafür die Voraussetzungen erfüllen. Auch Personen, die in Slowenien um Asyl ansuchen wollen oder ihnen die Einreise aus humanitären Gründen gewährt wird, werden ins Land gelassen, so das Ministerium.

Asyl für bis zu 50 pro Monat

Das Land werde in Zukunft pro Monat 40 bis 50 Menschen Asyl gewähren, zitierte das nationale slowenische Radio Regierungschef Miro Cerar. Früher waren die Menschen auf der Balkanroute von einem an den nächsten Staat weitergereicht worden, weil sie in der Regel nach Österreich und vor allem nach Deutschland wollten. Der Staatssekretär im slowenischen Innenministerium, Bostjan Sefic, bekräftigte die Zusage seines Landes, 863 Flüchtlinge innerhalb des EU-Quotensystems aufnehmen zu wollen.

Seit Mitte vergangenen Oktober, als Slowenien zum Transitland auf der Balkanroute wurde, haben knapp 477.800 Flüchtlinge das Land passiert. In diesem Jahr waren es bisher fast 99.200 gewesen. In den vergangenen drei Tagen gab es keine Neuankünfte, wie die aktuelle Polizeistatistik zeigt.

Serbien zieht nach

Serbien als weiter südlicher Anrainer reagierte in gleicher Weise. Es werde die neuen Regelungen ebenso an seiner Grenze zu Mazedonien und Bulgarien anwenden, teilte das serbische Innenministerium mit. "Damit wird die Balkanroute praktisch geschlossen", zitierten die Medien in Belgrad eine entsprechende Erklärung des Ministeriums. Auch Kroatien, das zwischen Slowenien und Serbien liegt, werde in dieser Weise reagieren.

In der südserbischen Stadt Presevo seien seit Mitternacht keine Flüchtlinge mehr eingetroffen, hieß es in Belgrad, unter dem Hinweis, dass aus dem westserbischen Sid seit zwei Tagen auch keine Migranten mehr nach Kroatien gelangt seien.

(APA/dpa/AFP/Reuters)

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