Kroatisches Verfassungsgericht disqualifiziert Milanović als Premier
Zwei Tage nach der Parlamentswahl in Kroatien erklärte das Verfassungsgericht am heutigen Freitag, dass Staatspräsident Zoran Milanović nicht Regierungschef werden könne, weil er trotz früheren Mahnungen am Wahlkampf teilgenommen hat. Das links-liberale Lager reagierte empört. Die Entscheidung vereitelt dem von Sozialdemokraten (SDP) angeführten Oppositionsbündnis die Pläne, eine Regierungsmehrheit zusammenzustellen und Milanović als Premier aufzustellen.
Der Staatspräsident galt als informeller Spitzenkandidat des links-liberalen Oppositionsbündnisses "Flüsse der Gerechtigkeit". Offiziell dürfte er infolge einer Entscheidung des Höchstgerichts nicht kandidieren, weil er sich weigerte von seinem Amt zurückzutreten.
Mahnungen missachtet
"Während des gesamten Wahlkampfes hat sich hat sich Milanović verfassungswidrig verhalten", begründete der Präsident des Verfassungsgerichts, Miroslav Šeparović, bei einer Pressekonferenz die Entscheidung. Milanović habe die Mahnungen des Verfassungsgerichts nicht beachtet, erklärte er und betonte, dass er sich mit seinen Aussagen und Verhalten in die Position eines Teilnehmers der Parlamentswahlen versetzt, was mit seiner Funktion als Staatspräsident unvereinbar sei.
Das Verfassungsgericht könne nichts tun, kommentierte Milanović bei einer Pressekonferenz die Entscheidung. "Die Wahl ist beendet. Der Wille der Bürger, projiziert in Parlamentsmandate, wird die kroatische Exekutive bestimmen, niemand sonst, sicherlich nicht diese Richter", sagte er. "Die Mehrheit im Parlament kann jeden, den sie möchte, zum Regierungschef bestellen. Dagegen gibt es keine Rechtsmittel", betonte er. Als Staatspräsident wird Milanović den Auftrag zur Regierungsbildung erteilen. Er wiederholte, dass derjenige diesen bekommen werde, der sich die Unterstützung von mindestens 76 Abgeordneten sichern werde.
Die Entscheidung betrachtet Milanović als "Vorbereitung für einen Putsch". Wenn Premier Andrej Plenković sich demnächst weigern würde, das Amt zu verlassen, könne er sich auf das Höchstgericht beziehen, sagte der Präsident mit Blick auf einen möglichen Regierungswechsel trotz Wahlsiegs der konservativen HDZ von Plenković.
SDP-Chef Pedja Grbin sprach in einer ersten Reaktion von einer "Schande" und betonte, dass die Entscheidung des Höchstgericht "unter jedem Niveau" liege. Er deutete an, dass das Verfassungsgericht damit der regierenden HDZ-Partei helfe, sich an der Macht zu halten. "Das ist die totale Panik und Angst eines kleinen Diktators, der gemerkt hat, dass er den Boden unter den Füßen verloren hat", sagte er in Richtung des Regierungschefs Andrej Plenković.
Kritik: "Unzulässige Einmischung"
Die Co-Vorsitzende der links-grünen Partei Možemo (Wir können), Sandra Benčić, kritisierte, dass es sich um eine "unzulässige Einmischung des Verfassungsgerichts in den politischen Prozess der Regierungsbildung" handle. "Wir hatten noch nie eine Situation, in der das Verfassungsgericht in die Bildung der Regierungsmehrheit eingegriffen hat", sagte sie und fügte hinzu, dass das Höchstgericht offensichtlich "die Mannschaft gewählt hat, für die es spielt".
"Präsident Milanović hat sich durch sein Verhalten selbst in eine Situation gebracht, dass er davon ausgeschlossen ist, Premier zu werden", sagte unterdessen der Gerichtspräsident. Er fügte hinzu, dass das Höchstgericht eine Entscheidung des Parlaments, womit Milanović zum Regierungschef bestellt würde, aufheben könnte. Das Verfassungsgericht sei der Verfassungsschützer, mit dieser Entscheidung werde verfassungswidriges Handeln in den verfassungsmäßigen Rahmen zurückgebracht, sagte er in Richtung der Kritiker.
Šeparović betonte, dass Milanović auch dann nicht Regierungschef werden könnte, wenn er jetzt zurücktreten würde. Die Verfassungsrichter haben die Entscheidung mit neun gegen drei Stimmen getroffen. In ihrer abweichenden Stellungnahme mahnten die drei Richter, dass der Beschluss als eine verfassungswidrige Drohung an das neue Parlament verstanden werden könne, "vorsichtig zu sein, was man tut und wen man unterstützt".
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