Krisen-Fall Khashoggi: Was wir wissen - und was nicht

Krisen-Fall Khashoggi: Was wir wissen - und was nicht
Die politische Sprengkraft des Falles Khashoggi ist immens, die Vorwürfe sind es ebenso.

Wurde er enthauptet und zerstückelt? Und wenn ja, von wem? Der Fall ist so absurd wie politisch brisant. Obwohl die Indizien von Tag zu Tag klarer werden, ist noch wenig Information gesichert. Ein Überblick:

Was wir wissen

Donnerstagfrüh haben türkische Ermittler die Suche nach Spuren des vermissten saudischen Regimekritikers und Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat sowie in der Residenz des Konsuls abgeschlossen. Wann die Türkei erste Ermittlungsergebnisse präsentiert, ist noch unklar.

Nach wie vor gibt sich Riad verschlossen, was das Verschwinden Khashoggis betrifft – bei einem Besuch des US-Außenministers Mike Pompeo am Dienstag beteuerte das saudische Königshaus, dass man den Fall untersuche. US-Präsident Donald schenkt dieser Darstellung vorerst Glauben. Immerhin steht viel auf dem Spiel, sollten sich die US-saudischen Beziehungen verschlechtern. Khashoggi lebte in den USA und war dort unter anderem für die Washington Post zuständig.

Fakt ist, dass Kashoggi am 2. Oktober zum letzten Mal gesehen wurde, als er in das saudische Konsulat in Istanbul ging, um Dokumente für seine Hochzeit zu besorgen. Er sollte nicht zurückkehren.

Krisen-Fall Khashoggi: Was wir wissen - und was nicht

Warum könnte die saudische Darstellung falsch sein?

Laut türkischen Beamten sind am 2. Oktober 15 Männer aus Saudi-Arabien ein- und ausgereist, darunter ein Autopsiespezialist, der eine Knochensäge dabeihatte.

 

Die New York Times fand heraus, dass einige Hauptverdächtige aus dem engsten Umfeld von Kronprinz Mohammed bin Salman kommen: Zumindest einer der Verdächtigen war bei Auslandsreisen des Kronprinzen dabei. Fotografiert wurde der Mann mit dem Namen Maher Abdulaziz Mutreb mit dem Prinzen in Paris, Madrid, Boston, Houston sowie bei der UNO in New York. Es könnte sich um einen Leibwächter handeln. Bei einem weiteren Verdächtigen soll es sich um einen Gerichtsmediziner handeln, der eine hohe Position im Innenministerium innehat. In Summe wurden 15 Verdächtige identifiziert, neun werden staatlichen saudischen Stellen zugeordnet.

Krisen-Fall Khashoggi: Was wir wissen - und was nicht

 Was sagt die Türkei?

Khashoggi seien bei einem Verhör im saudischen Konsulat in Istanbul die Finger abgeschnitten worden, ehe man ihn enthauptet habe. Die Zeitung Yeni Safak beruft sich auf Audioaufnahmen. Darauf sei zu hören, wie Konsul Mohammed al-Otabi sagt: „Macht das draußen, ihr werdet mir Probleme bereiten.“ Ein Mann antwortet: „Willst du leben, wenn du nach Saudi-Arabien zurückkehrst, sei still.“

Al-Otabi hatte die Türkei am Dienstag in Richtung Saudi-Arabien verlassen. Zu dem Zeitpunkt durchsuchten saudische und türkische Ermittler das Konsulat in Istanbul. Der Durchsuchung war ein langes diplomatisches Ringen sowie eine offensichtlich gründliche Reinigung der Liegenschaft vorausgegangen.

Türkische Politiker wie Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu und Innenminister Süleyman Soylu mahnen, die offiziellen Untersuchungsergebnisse abzuwarten, auch wenn sie selbst „Gewissheit“ hätten.

Was bedeutet das alles für Trump?

Es ist kein Geheimnis, dass der US-Präsident einige private Geschäfte mit den Saudis abgeschlossen hat – unter anderem gehört ihnen eine Etage des Trump-Towers. Im Vorfeld der Kongresswahlen am 6. November fordern nun sechs demokratische Senatoren, dass Trump alle seine Geschäftsbeziehungen zu den Saudis offenlegen solle. Auch Republikaner fordern ein Ende des 110-Milliarden-Dollar-Waffen-Deals mit SaudiArabien.

US-Finanzminister Steven Mnuchin hat seine Teilnahme an einer Investorenkonferenz in übrigens Riad abgesagt. Das teilte sein Ministerium am Donnerstag in Washington mit. Hintergrund der Entscheidung ist die Affäre um KhashoggiDie USA wollen ihrem Verbündeten Saudi-Arabien noch einige Zeit einräumen, um die Vorkommnisse um das Verschwinden Khashoggis aufzuklären, gab Außenminister Mike Pompeo bekannt.
 

Krisen-Fall Khashoggi: Was wir wissen - und was nicht

Was wir nicht wissen 

Der Mordfall Khashoggi droht sich zum diplomatischen Krisenfall für Saudi Arabien auszuwachsen. Der schöne neue Schein, den sich Kronzprinz Mohammed bin Salman mithilfe von PR-Firmen geben wollte, ist jedenfalls stark geschwächt. Noch hat man sich in Riad nicht offiziell dazu geäußert. 

Die einsilbige Erklärung, die es bisher gibt: Jamal Khashoggi soll bei "einem schief gelaufenen Verhör ums Leben gekommen" sein, heißt es laut einem Medienbericht von CNN. Zwar soll Saudi-Arabien nach Medieninformationen ein Statement vorbereiten, diese Information ist jedoch bereits vier Tage alt. Somit ist nach wie vor unklar, wer den Auftrag zur Ermordung gegeben hat. Wie die USA im Falle eines Schuldeingeständnisses Riads reagiert, wird ebenfalls spannend. Der Fall könnte aufgrund von Trumps engen wirtschaftlichen Beziehungen zu den Saudis auch Einfluss auf die Midterm-Wahlen am 6. November nehmen.

Was wir außerdem nicht wissen: Wo ist Khashoggi? Die sterblichen Überreste wurden bisher nicht gefunden. Auch die Türkei hält sich hier noch bedeckt. 

Veith (ORF) zum Fall Chaschukdschi

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