Vergangenes Wochenende schoss ein Mann im Kosovo zwei Serben an – darunter ein elfjähriges Kind. Der mutmaßliche Täter? Ein kosovarischer Elitepolizist. Noch am gleichen Tag berichteten Medien von einem 18-Jährigen, der von einer Gruppe Kosovo-Albanern zusammengeschlagen worden sein soll.
Zwischenfälle wie diese sind im Kosovo keine Seltenheit, das angespannte Verhältnis zwischen Serbien und seiner einstigen Provinz spitzte sich bereits vor Weihnachten zu, als es zu zahlreichen Straßenblockaden durch Kosovo-Serben kam. Die Blockaden wurden mittlerweile wieder abgebaut, doch der kosovarische Wunsch, international als Staat anerkannt zu werden, ist noch lange nicht erfüllt. Auch fünf EU-Länder erkennen ihn nach wie vor nicht an: Spanien, Griechenland, Zypern, die Slowakei und Rumänien.
Nicht nur, aber hauptsächlich deshalb dürfte der kosovarische Premierminister Albin Kurti am Donnerstag zu Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) nach Wien kommen.
Albin Kurtis Suche nach Verbündeten
Österreich war eines der ersten Länder, die den Kosovo im Jahr 2008 anerkannten. Jetzt erhoffe Kurti sich mehr, meint Südosteuropa-Experte Florian Bieber von der Universität Graz: „Der Kosovo ist auf der Suche nach Verbündeten.“ So einer sei Österreich grundsätzlich. Daher gehe es bei dem bevorstehenden Treffen um die Frage: Wie kann Österreich dabei helfen, die anderen EU-Länder umzustimmen? Das ist auch angesichts des EU-Beitrittsgesuchs relevant, das der Kosovo im Dezember 2022 offiziell eingereicht hat.
Österreich ist es umgekehrt ebenfalls ein Anliegen, dass sich die Beziehung zwischen dem Kosovo und Serbien zunehmend entspannt. Neben der kosovarischen Diaspora im Land sowie einigen österreichischen Unternehmen im Kosovo liegt das vor allem an einem Ziel, das die EU gemeinsam mit den USA verfolgt: den Einfluss Russlands und Chinas am gesamten Balkan, besonders aber in Serbien zu verringern.
Serbiens Schlingerkurs in seiner Kosovo-Politik
Seit vielen Jahren fährt Serbien einen außenpolitischen Schlingerkurs zwischen Russland, China und dem Westen. Sowohl Russland als auch China unterstützen Serbien in seiner Kosovo-Politik, weil sie selbst gerne Kontrolle über die Ukraine beziehungsweise Taiwan hätten.
Ein weiterer Wunsch, über den Kurti und Nehammer vermutlich sprechen werden, ist laut Experte Bieber eine Visa-Liberalisierung für Kosovaren im Schengenraum. Nach jahrelangen Blockaden hat es hier zuletzt Bewegung gegeben: Sie dürfte spätestens 2024 kommen, ein genaues Datum gibt es noch nicht.
Krieg ist unwahrscheinlich
Angst vor einem Krieg um den Kosovo hat Bieber trotz der anhaltenden Spannungen im Übrigen nicht. Grund dafür sind die sogenannten KFOR-Truppen der NATO, die jegliche Invasions-Ideen Serbiens im Kosovo unmöglich machen. Auch das österreichische Bundesheer ist dort mit Soldaten vertreten.
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