Lawrow sieht keine Vermittlerrolle Wiens im Syrien-Konflikt

Österreich könne unter dem Dach der UNO einen Beitrag leisten, sagte Russlands Außenminister beim Treffen mit Amtskollegin Kneissl in Moskau.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow sieht keine Möglichkeit für eine Vermittlerrolle Österreichs zwischen Russland und dem Westen im Syrien-Konflikt. "In Syrien braucht man nur eine Vermittlung, eine Vermittlung zwischen den Konfliktparteien", sagte Lawrow am Freitag nach einem Treffen mit Außenministerin Karin (FPÖ) in Moskau.

Er schätze aber "sehr", dass sich Österreich für eine Verbesserung des Klimas im Syrien-Konflikt einsetze, fügte Lawrow hinzu. "Österreich wird stets als ehrlicher Makler angesehen. Wenn es nicht genug ehrliche Makler gibt, könnte Österreich durchaus einen Beitrag leisten unter dem Dach der Vereinten Nationen", sagte der russische Außenminister. Er fügte hinzu, dass er am Freitagnachmittag UNO-Syrien-Vermittler Staffan de Mistura treffen werde. Dieser war bereits am Vormittag mit Kneissl in Moskau zusammengekommen.

Vermittlerrolle angeboten

Kneissl hatte zuvor das Vermittlungsangebot Österreichs bekräftigt. Wien stehe weiterhin als Ort für Treffen im Syrien-Konflikt zur Verfügung, betonte sie. Ohne Russland direkt anzugreifen, unterstrich sie, dass der Konflikt in Syrien nicht militärisch gelöst werden könne. "Wir fordern alle Konfliktparteien auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren", unterstrich sie.

Kneissl bekräftigte auch mehrfach die "Solidarität" Österreichs mit Großbritannien in der Giftaffäre um den Ex-Doppelspion Sergej Skripal. Österreich habe keine Diplomaten des in dem Fall inkriminierten Russland ausgewiesen, wie andere westliche Staaten es getan haben, weil dies ständige diplomatische Praxis Österreichs sei. "Wir weisen Diplomaten nicht aus", verwies sie unter anderem auf die Rolle Wiens als Standort internationaler Organisationen.

Lawrow bekräftigte, dass sich Russland nur dafür einsetze, dass Syrien ungeteilt bleibe und die Bewohner des Landes ihr Schicksal selbst bestimmen können. "Unsere ganze Tätigkeit ist nur auf dieses Ergebnis ausgerichtet", unterstrich er. Moskau lehne aber geopolitisch motivierte "politische Ingenieurarbeit" ab, die darauf ausgerichtet sei, "Syrien zugrunde gehen zu lassen". Daher könne man diesbezüglich "nicht von Zugeständnissen reden", sagte Lawrow auf die Frage der APA, ob Moskau den syrischen Machthaber Bashar al-Assad fallen lassen könnte, wenn der Westen Russland im Ukraine-Konflikt entgegenkommen könnte.

Zum Auftakt des Treffens mit Kneissl verwies Lawrow mehrmals auf den jetzigen Bundeskanzler und sagte: "Wir hoffen sehr, dass wir in unseren Beziehungen Kontinuität wahren können." Er habe "gut mit Sebastian Kurz zusammengearbeitet", sagte Lawrow mit Blick auf den österreichischen Vorsitz in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) im Vorjahr. Der russische Außenminister erwähnte auch das Treffen des Kanzlers mit Präsident Wladimir Putin Ende Februar in Moskau.

Russland wolle "offene und ehrliche Diskussion"

"In den schwierigen Zeiten, in denen Europa und die ganze Welt steht, ist ein offener, direkter und freundschaftlicher Dialog sehr vonnöten", sagte Lawrow in Anspielung auf die massiv belasteten Beziehungen zwischen Russland und dem Westen. Man müsse eine "offene und ehrliche Diskussion über alle anstehenden Fragen" führen, unterstrich er.

Beide Politiker hoben in ihren Statements zu Beginn des Delegationsgesprächs die gute bilaterale Zusammenarbeit zwischen Moskau und Wien hervor. Kneissl bekräftigte die österreichische Position, die Gesprächskanäle mit Russland "offen zu halten". "In diesem Sinne verstehen wir Diplomatie", unterstrich sie.

Treffen mit UNO-Syrien-Vermittler

Die Außenministerin wollte ihren Aufenthalt in der russischen Hauptstadt insbesondere zu Gesprächen über den Syrien-Konflikt nutzen. So traf sie vor dem Treffen mit Lawrow den UNO-Syrien-Vermittler Staffan de Mistura, der sich derzeit ebenfalls in Moskau aufhält. "Wir hatten ein sehr nützliches Treffen", sagte der UNO-Diplomat nach dem Gespräch in einem Moskauer Hotel.

Auf die Frage, ob er die österreichischen Vermittlungsbemühungen im Syrien-Konflikt schätze, sagte De Mistura: "Wir sind erfreut, Österreich hier zu treffen und zusammenarbeiten zu können." Keinen Kommentar wollte er jedoch auf die Frage geben, ob wieder Syrien-Gespräche in Wien stattfinden könnten.

Besuch schon länger geplant

Kneissl war am gestrigen Donnerstag zu einem schön länger geplanten bilateralen Besuch in Moskau angekommen. Durch die jüngste Zuspitzung des Syrien-Konflikts habe die Visite "eine andere Dynamik bekommen", sagte sie im Vorfeld ihres Treffens mit De Mistura.

"Wir werden sehen, in welcher Atmosphäre sich das Gespräch abspielt und in welchem Umfang von russischer Seite das Interesse besteht", sagte die Außenministerin, die am Mittwoch auch von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) Unterstützung erhalten hatte. Er hatte mit Kreml-Chef Wladimir Putin über den Syrien-Konflikt telefoniert. Dass sie selbst Putin im Rahmen ihres Moskau-Besuchs getroffen habe, dementierte Kneissl.

Keine Einmischung

"Wir wollen uns in keiner Weise in die existierenden Formate einmischen", versicherte Kneissl. De Misturas Team habe nämlich in den vergangenen Jahren durch Pendeldiplomatie "viel Erfahrung" gewonnen. Allerdings wolle Österreich ergänzend "gute Dienste" anbieten. "Es gibt manchmal Situationen, wo man manchmal vielleicht auf einen Überbringer zurückgreifen möchte", sagte Kneissl. "Es ist einfach erforderlich, dass eine neue Dynamik reinkommt", sagte sie mit Blick auf den Syrien-Konflikt.

Kneissl will auch ihre EU-Amtskollegen über die Ergebnisse der Moskauer Gespräche unterrichten. Beim EU-Ministerrat am Montag habe sie sich mit mehreren Kollegen sowie der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini "abgesprochen".

Blitztreffen mit Putin-Berater

Die Außenministerin war am Donnerstagabend erst mit erheblicher Verspätung zur feierlichen Eröffnung des österreichischen Sprachinstituts in Moskau gekommen, weil sich offenbar kurzfristig ein politischer Gesprächstermin im Zusammenhang mit der Syrien-Krise ergeben hatte. Den mitreisenden Journalisten sagte sie anschließend, dass sie einen Berater von Putin getroffen habe.

Geplant war auch die Besprechung bilateraler Fragen. Nach dem Treffen mit dem russischen Außenminister wollte sie die Menschenrechtsorganisation Memorial besuchen. Es gehe darum, sich ein "umfassendes Bild" über die Lage in Russland zu machen, betonte ihr Sprecher im Vorfeld des Besuchs.

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