Devote Geste
Der Umzug ist der vorläufige Höhepunkt einer Annäherung an Russland, die mit einem folgenschweren Verbeugung begann. 2018, damals war Kneissl knapp ein Jahr von der FPÖ nominierte Außenministerin unter Sebastian Kurz, hatte sie bei ihrer Hochzeit in der Südsteiermark Wladimir Putin zu Gast.
Der Knicks, den sie bei einem Tanz mit ihm machte, ging um die Welt, und viele interpretierten ihn als sinnbildlich devote Geste einer Nation, die ohnehin nie Berührungsängste mit Moskau hatte. Nur Monate nach der Krim-Annexion 2014, als in der Ostukraine schon scharf geschossen wurde, hat man Putin in Wien wieder freundschaftlichst begrüßt, zur Hochzeit brachte er Kneissl dann ganz selbstverständlich 50.000 Euro teure Saphir-Ohrringe mit.
Die Geste damals – „es war eine private Feier und ein persönlicher Besuch“, sagte Kneissl später – hatte für die 58-Jährige in Russland jedenfalls nur positive Folgen. Nach der Implosion der Regierung nach der Ibiza-Affäre nahm sie im Aufsichtsrat des staatlichen Ölkonzerns Rosneft Platz, in guter Gesellschaft der Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel (Lukoil) und Christian Kern (russische Staatsbahn). Den Posten gab sie erst nach massivem Druck nach der Invasion Putins in der Ukraine auf – den Angriff selbst hatte sie lange als „Kriegsausbruch wie jeden anderen“ bezeichnet, sich selbst dafür „einen politischen Flüchtling“ genannt.
Jetzt ist Kneissl, die laut eigenem Bekunden fünf Fremdsprachen spricht, also dauerhaft im Orbit Putins gelandet.
Beim Wirtschaftsforum in Wladiwostok sitzt sie dieser Tage neben durchaus illustren Gästen: Putin hat etwa Nordkoreas Diktator Kim Jong-un eingeladen, um mit ihm über Waffendeals zu sprechen, währenddessen diskutiert Kneissl am Podium über „Alternativen zur Dominanz des Westens“. Mit ihr auf der Bühne zwei in Russland äußerst bekannte Gesichter: Marija Sacharowa, die als höchst aggressiv verschriene und sanktionierte Sprecherin von Außenminister Lawrow, und Aleksandr Dugin, einer der schillerndsten Ultranationalisten des Landes, der sich selbst einen großen Einfluss auf den Kreml nachsagt. Er sei „Putins Gehirn“, heißt es manchmal, und er hat gute Kontakte zur FPÖ – sie hat ihn mehrfach nach Wien eingeladen.
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Ponys im Armeeflieger
Österreich attestierte die ehemalige Politikerin bei der Veranstaltung übrigens ein „seltsames Verhalten“. Im Interview mit der Staatsagentur TASS sagte sie, das Land sei in puncto Gaseinkauf in Russland „schizophren“, die „Blutgeld“-Debatte hierzulande nicht nachvollziehbar.
Nicht kommentiert hat sie jedoch Berichte, wonach sie beim Umzug auch ihre Pferde mitgenommen habe. Laut dem russischen Investigativmedium Insider seien ihre „zwei bezaubernden Ponys“ nach Petersburg geflogen worden – mit einem Flieger des Moskauer Verteidigungsministeriums, der kurz zuvor Wagner-Ausrüstung in die Ukraine transportiert hatte.
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