Nicht unweit von hier, auf einem belebten Kaufhaus-Parkplatz in der nordserbischen Stadt Subotica, kam es Anfang September zu einer Schießerei zwischen Migranten. Dass es im Norden Serbiens immer wieder zu bewaffneten Konflikten zwischen Schlepperbanden kommt, ist nicht neu. Allerdings wurden diese zuvor meist in den Wäldern ausgetragen, nicht mitten in der Stadt.
Seither haben die Serben die Kontrollen an den Grenzen massiv verschärft. Das merkt man auch auf der ungarischen Seite, wo seit 2020 eben auch rund 50 österreichische Polizistinnen und Polizisten stationiert sind. Im September habe es Dienste gegeben, bei denen man stündlich zu Einsätzen gerufen worden sei, jetzt sei es hingegen sehr ruhig, sagt Michael Muhr, Kommandant des österreichischen Kontingents in Szeged, zum KURIER.
➤ Mehr lesen: Karner zu Grenzschutz: "Können uns die Nachbarn nicht aussuchen"
Die Österreicher bekämen jeweils einen ungarischen Kollegen zugewiesen, dem über Funk mitgeteilt wird, wo es zu Sichtungen gekommen sei. Die Zusammenarbeit funktioniere gut, verständigen könne man sich immer, „manchmal auf Deutsch, manchmal auf Englisch, manchmal mit Doktor Google“, erzählt Muhr.
Selbst habe er noch keine Einsätze erlebt, bei denen er von Schleppern mit Waffen bedroht worden sei. Und: „Von den zu schleppenden Personen wird man ohnehin nicht bedroht, die haben nach den Strapazen keine Kraft mehr.“
Waffenarsenale
Allerdings, ergänzt der stellvertretende Kommandant Philipp Laschober, würde man immer in leer stehenden Gebäuden, wie etwa Bauernhöfen, Waffenarsenale entdecken. Auf dem Balkan könne man derzeit eine Routenverschiebung feststellen, heißt es aus dem Innenministerium. Schlepper würden versuchen, die intensiven Grenzraumkontrollen Österreichs zu umgehen und stattdessen auf die Küstenroute über Bosnien, Kroatien und Slowenien auszuweichen. Auch wenn es an der Grenze in Röszke gerade ruhiger zugeht, sprechen die Zahlen zur irregulären Migration eine andere Sprache.
Rund 400.000 Grenzübertritte oder versuchte Grenzübertritte verzeichneten die Behörden im Jahr 2022 im Bereich des Balkan – ein Plus von 60 Prozent im Vergleich zu 2021. Heuer rechnet man mit einem weiteren Plus von acht Prozent.
Am Montag tagten darum die Innenminister der Višegrad-Gruppe – Ungarn, Tschechien, Polen und Slowakei – , um gemeinsam dem „Migrationsdruck am Balkan entgegenzuwirken. Zusätzlich nahm auch Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) daran teil, der schon öfter Gast bei Tagungen der Višegrad-Gruppe gewesen war.
➤ Mehr lesen: Mit der "Operation Fox" soll der Flüchtlingsstrom gestoppt werden
Erstmals reiste auch Deutschlands Innenministerin Nancy Faeser (SPD) an. „Der Anstieg der irregulären Migration und die Brutalität der Schlepperbanden macht ein gemeinsames Vorgehen notwendig“, so Faeser. Man sei sich einig, so der Tenor bei der anschließenden Pressekonferenz, dass man ein Europa mit offenen Schengen-Grenzen haben wolle. Große Hoffnung liege auf einer möglichen Verabschiedung eines gemeinsamen europäischen Asylsystems, sagte Faeser „So nah an einer gemeinsamen Einigung waren wir noch nie, dieses Momentum müssen wir nutzen“.
Einsatz in Nordafrika
Der Fokus müsse auf dem Schutz der EU-Außengrenzen liegen, ergänzte Karner. Er stellte im Rahmen des Gesprächs ein Projekt in Tunesien vor, bei dem vor Ort Grenzwächter ausgebildet werden, der KURIER berichtete. „Dort startet Migration, dort müssen wir Maßnahmen setzen“, erklärte Karner. „Wir müssen verhindern, dass sich die Menschen in die Hände von Schleppern begeben und sich auf oft todbringendem Weg nach Europa machen. Man müsse die Staaten in Nordafrika beim Grenzschutz unterstützen. „Es braucht Festlandsicherung, nicht Seenotrettung“, so Karner.
Kritik an der Konferenz hagelte es von den Grünen und NGOs: Die „ungarisch-serbische Grenze sei ein „rechtsfreier Raum, in dem Geflüchtete Opfer rechtspopulistischer Politik und krimineller Schmugglerclans zugleich sind“.
Kommentare