„Die Mutti“ kümmert sich um Jobs

Am 3. Juli 2013 nahm Bundeskanzler Werner Faymann (r.) auf Einladung seiner deutschen Amtskollegin Bundeskanzlerin Angela Merkel (l.) an der Konferenz zur Förderung der Jugendbeschäftigung in Berlin teil.
Auf Initiative Merkels fördert EU betriebsnahe Ausbildung und will Lohnzuschuss zahlen.

Nein, Kanzler Werner Faymann hat Evo Morales Mittwochfrüh nicht auf dem Flughafen Schwechat getroffen. Faymann flog Linie, Morales saß Kilometer entfernt auf dem Privatflugplatz.

Der Kanzler flog zu einem wichtigen Treffen der EU-Regierungen nach Berlin. Achtzehn Regierungschefs und alle 28 Arbeitsminister reisten an, um konkrete Maßnahmen gegen die exorbitante Jugendarbeitslosigkeit in Europa zu beschließen. Gastgeberin war Kanzlerin Angela Merkel, die sich mitten im deutschen Bundestagswahlkampf befindet.

Faymanns Parteifreunde von der SPD beißen sich an Merkel gerade die Zähne aus. Faymann: „Die SPD sagt, Merkel ziehe im Wahlkampf eine Rolle durch: Die Mutti passt aufs Geld auf.“

Außerhalb Deutschlands handelte sich Merkel damit den Vorwurf ein, mit ihrer deutschen Sparwut die Arbeitslosigkeit vermehrt zu haben. Die Sparmeisterin lässt sich Merkel ja gern nachsagen, aber sie will offenbar auch „die Mutti“ sein, die sich um Jobs für Jugendliche kümmert. Faymann, der Merkel mittlerweile recht gut kennt, sagt, dass es ihr mit dem Job-Gipfel um mehr gehe als um eine Imagekorrektur: „Ich unterstelle ihr absolut einen ernsthaften Hintergrund. Das kann man auch daran ablesen, dass sie in der EU die nötigen Werkzeuge zur Finanzierung von Investitionen – wie Eurobonds – vorbereiten lässt.“

Erster Schritt

Tatsächlich war der Berliner Jugendbeschäftigungsgipfel insofern ein Erfolg, als die Politiker über Lippenbekenntnisse hinaus in die Umsetzungsphase einstiegen. Faymann: „Es werden noch viele Schritte folgen müssen, aber der erste Schritt ist getan, und das ist erfreulich.“

Finanzierung In den Jahren 2014 und 2015 werden in Summe sechs Milliarden EU-Mittel für Jugendbeschäftigung freigemacht. Hinzu kommen Spezialprogramme der Europäischen Investitionsbank EIB und des Europäischen Investitionsfonds EIF. Die EIB soll Klein- und Mittelbetriebe mit zinsgünstigen Krediten und der EIF Jungunternehmer mit Mikrokrediten versorgen, um Arbeitsplätze zu schaffen.

AMS-Reform Die Arbeitsminister wollen das Arbeitsmarktservice in den EU-Staaten reformieren. Ziel laut Merkel: verbessertes Beratungsangebot und leistungsfähige Job-Vermittlung.

Duales System Der Schlüsselsatz für die Reform der Ausbildung im Berliner Beschluss lautet: „Die nationalen Ausbildungssysteme sollen zu möglichst betriebs­naher Qualifizierung weiter- entwickelt werden.“ Damit soll die Lehrlingsausbildung nach deutschem und österreichischem Muster erfolgen: teilweise im Betrieb, teilweise in der Schule („duales System“). Wer keinen betrieblichen Lehrplatz bekommt, soll in einer überbetrieblichen Lehrwerkstätte seine Ausbildung machen können.

In diesem Zusammenhang übt Faymann Kritik am britischen Premier David Cameron: „Er will Jugendliche nicht qualitativ hochwertig ausbilden, sondern für vier Monate in einen Workshop verräumen, um so die Arbeitslosenstatistik zu schönen.“ Faymann plädierte gestern in Berlin vehement dafür, das Geld nicht für „Kosmetik“ auszugeben, sondern für qualitativ hochwertige Lehrplätze.

Beschlossen wurde am Dienstag auch, dass es „temporäre Lohnsubventionen“ geben kann, wenn Jugendliche beschäftigt werden.

Das ganze Programm enthält eine Vielzahl auch kleinerer Maßnahmen, etwa die Förderung von Arbeitsmigration in der EU und die Finanzierung von Praktika durch die EIB.

Kontrolle

Damit das Ganze nicht im Sand verläuft, werden sich die Arbeitsminister im Oktober wieder treffen und über die Umsetzung der Maßnahmen berichten. Im November befassen sich erneut die Regierungschefs mit der Joboffensive für die Jugend.

Schauplatz: Paris.

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