Israel und die Palästinenser: Die blutige Geschichte der Siedlungen

Ost-Jerusalem
Der Konflikt um Israels Siedlungen im Westjordanland - ein historischer Überblick.

Als "schändlich" bezeichnete Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die UN-Resolution gegen die Siedlungspolitik seines Landes. Auch der künftige US-Präsident Donald Trump stellte sich auf dessen Seite und nannte die UNO "nur einen Club". Eine Lösung der Siedlungsproblematik erscheint nun schwieriger denn je – zumal ihre Geschichte sehr verworren ist. Der KURIER versucht, diese Geschichte etwas zu entwirren:

Expansion begann 1967

Nachdem Israel den Sechstage-Krieg im Jahr 1967 an allen Fronten gewonnen hatte, begannen sich israelische Siedler in den Gebieten, die im Zuge des Krieges erobert worden waren, auszubreiten. Neben dem zuvor von Jordanien besetzten Ostjerusalem und dem Westjordanland gründeten die Israelis Siedlungen auf den ehemals syrischen Golanhöhen und im Gazastreifen. Die Annexion der Golanhöhen ist bis heute nicht international anerkannt, offiziell gelten sie als syrisches Staatsgebiet. 2005 evakuierte Israel die Siedlungen im Gazastreifen.

Stark umstritten sind und waren die Siedlungsbauten im Westjordanland und in Ostjerusalem. Bereits wenige Tage, nachdem General Moshe Dayan die Jerusalemer Altstadt eingenommen hatte, rissen Bulldozer Duzende Häuser von palästinensischen Zivilisten ab, um Platz vor der Klagemauer zu schaffen. Mittlerweile leben knapp 200.000 Israelis im palästinensisch dominierten Ostjerusalem.

Errichteten israelische Pioniere und Siedler in den ersten zehn Jahren nach dem Sechstage-Krieg rund 30 Siedlungen, sind es heute insgesamt 228.

Bereits 1979 verabschiedete der UN-Sicherheitsrat eine Resolution, in der die Siedlungspolitik scharf verurteilt wurde, weil darin ein großes Hindernis für einen "umfassenden, einfachen und dauernden Frieden in Nahost" gesehen wurde.

Auch damals enthielten sich die USA ihrer Stimme. Israel ließ sich dadurch nicht beirren – ein Jahr später lebten zusätzliche 2500 Siedler in palästinensischen Gebieten.

Unter den Siedlern gab und gibt es zwei unterschiedliche Strömungen: Zum einen religiöse Fanatiker deren Ziel es ist, "Erez Israel", das biblische Großreich, zu besetzen. Organisationen wie "Gush Emunim" (Block der Getreuen) erhielten ihre Gelder von großzügigen Spendern und errichteten ihre Siedlungen, da es "göttlicher Wille" sei. Gush Emunim erlaubte sogar, gegen die eigenen Soldaten Israels und zu kämpfen, sofern diese sie an ihren Arbeiten behindern wollten. Andere besiedeln die Palästinensergebiete, weil sie durch Förderungen des Staates und geringe Unkosten auf ein günstiges Leben hoffen können.

386.000 Israelis leben mittlerweile innerhalb des Westjordanlandes.

Aufstände gegen Israel

Die aggressive Siedlungspolitik führte zu Konflikten mit den ansässigen Palästinensern, die in zwei blutigen Aufständen, den Intifadas, gipfelten. Nach der ersten Intifada gewährte Israel den Palästinensern eine gewisse Autonomie und verkündete Mitte der Neunzigerjahre, dass keine neuen Siedlungen im Westjordanland errichtet würden. Dennoch entstanden seither 97 neue Siedlungen. Vor allem unternimmt die israelische Regierung wenig gegen die sogenannten "Außenposten", obwohl diese auch nach israelischem Recht illegal sind.

Der Konflikt spitzte sich Anfang der 2000er erneut zu: Die zweite Intifada war ausgebrochen, Palästinenser kamen aus dem Westjordanland nach Israel und verübten dort Anschläge und Selbstmordattentate. Der damalige Premier Ariel Sharon ließ 2002 eine Mauer um Palästinensergebiet errichten, sodass niemand mehr unkontrolliert aus- oder einreisen konnte. Die internationale Gemeinschaft kritisierte heftig, dass der Verlauf der Mauer stark von der "Green Line", der Begrenzungslinie des Westjordanlandes abwich und das Palästinenser-Territorium zusätzlich beschnitt. (siehe Grafik) 55 Siedlungen waren plötzlich auf israelischem Staatsgebiet.

Allerdings war die "Green Line" nie eine offizielle Grenze, sondern nur eine Waffenstillstandslinie aus dem israelischen Unabhängigkeitskrieg 1949. Daher kann Israel auch das Argument der UN, dass die Siedlungspolitik keine rechtliche Grundlage habe, entkräften.

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