Warum Israel-Premier Netanjahu die Rechtsextremen braucht

Netanjahu hält einen Zettel in der Hand
Ein radikaler Minister schimpfte gegen US-Präsident Joe Biden - ohne dessen Hilfe Israel sich nicht ausreichend gegen die Hamas wehren könnte

Als gebe es keinen Krieg im Gazastreifen und an Israels Nordgrenze, öffnete Itamar Ben Gvir, seines Zeichens Israels Minister für Öffentliche Sicherheit, am Sonntag noch einen Nebenkriegsschauplatz. Gegen US-Präsident Joe Biden. „Statt sich voll hinter uns zu stellen, kümmert sich Biden um humanitäre Hilfe und Benzin für Gaza, die letztlich an die Hamas gehen“, schimpfte der Minister im angesehenen Wall Street Journal.

Wobei der offene Rassist gegen jedes Neutralitätsgebot noch einen draufsetzte: „Mit Donald Trump an der Spitze sähe die US-Politik ganz anders aus.“

„Undankbare Chuzpe“ befand die Tageszeitung Yedioth. Ein selbstverständliches Fazit beim Vergleich zwischen der tatkräftigen Unterstützung Bidens nach dem Überfall-Massaker der Hamas am 7. Oktober und dem nicht über selbstverliebtes Eigenlob hinausgehenden Ex-Präsidenten Donald Trump.

Warum Israel-Premier Netanjahu die Rechtsextremen braucht

Proteste in Tel Aviv gegen Premier Netanjahu

Der begnügte sich nach dem Massaker an 1.200 Zivilisten mit der Feststellung: „Wäre ich Präsident, hätte Hamas sich das nicht getraut.“ Empathie mit den Angehörigen der Ermordeten und entführten Geiseln kam nicht über Trumps Lippen. 

"Ein Trottel"

Stattdessen bezeichnete er Israels Premier und einstens „mein guter Freund“ Benjamin Netanjahu als „Feigling“. Israels Verteidigungsminister Joav Gallant war in seinen Augen nur ein „Trottel“. Und da war auch noch seine „Enttäuschung“ von den jüdischen Wählern. Es zeigt sich: Trumps jüdischer Schwiegersohn Jared Kushner gehört nicht mehr zum engen Beraterstab.

Da sitzt jetzt Michael Flynn, der auch schon einmal den Juden die Schuld an Auschwitz zuschrieb.

Joe Biden hingegen sicherte Israel noch am 7.10. jede mögliche Unterstützung zu. Und half – auch auf Verlustrisiko im Wahlkampf und das trotz wachsender Opposition gegen die US-Hilfe an Israel in der eigenen Partei.

Angst vor Neuwahlen

Kein Zweifel: Biden stellt die eigenen Interessen derzeit hintenan. Nicht zuletzt kämpft Biden auch gegen die Republikaner, die im Kongress seit Oktober einem Milliarden-Hilfspaket an Israel ihre Stimmen verweigern. Mit Trumps Segen. Biden muss aber auch seine ganz persönliche Antipathie gegenüber Netanjahu überwinden. Es ist klar: Joe Biden hilft nicht dem israelischen Premier. Seine Hilfe geht an Israel.

Netanjahu klammert sich also weiter an seine Koalition mit den Extremisten.

Eine neue Notstandskoalition mit liberalen Oppositionsparteien wäre möglich. Das aber würde in absehbarer Zeit Neuwahlen nach sich ziehen. In denen aber könnte Netanjahu kaum mit Wiederwahl rechnen. Die Mehrheit der Wähler ruft derzeit nach Einheit und Mitte. Doch der rechte Rand, den Netanjahu in seine Regierung holte, kann in solchen Neuwahlen deutlich zulegen. Netanjahu braucht also die Extremisten. Nicht umgekehrt.

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