Wie nach 1945
Medien und Diplomaten weltweit, die wichtigsten Meinungsverstärker also, bekommen die Bilder mit Sanktus der Angehörigen zu sehen. Die Absicht dahinter: Sie sollen den Fokus der Berichterstattung und des politischen Diskurses wieder auf den Anfang des jetziges Krieges rücken – den Mord an 1400 Menschen, das größte Verbrechen an Juden seit dem Holocaust, dessen Folge das jetzige Bombardement im Gazastreifen ist.
Die Methode erinnert nicht von ungefähr an die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Damals zeigten die Amerikaner Bilder aus KZs, von Leichenbergen, abgemagerten Juden der Weltöffentlichkeit – und den ungläubigen Deutschen.
In der Berichterstattung nahmen die Morde vom 7. Oktober tatsächlich verhältnismäßig wenig Platz ein. Der IS-Terror im Pariser Bataclan, ein nationales Trauma der Franzosen, füllte 2015 tagelang die Titelseiten; nach dem „Schwarzen Sabbat“ hieß es in allen Medien weltweit: „Wir sind im Krieg.“ Netanjahus Ansage überdeckte die Gräuel in seinem eigenen Land.
Israels Streitkräfte verbreiten die Bilder des Massakers nicht, aber lassen sie im Kopf der Betrachter entstehen
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Mit der Kampagne will Israel aber auch der Kritik entgegentreten, die wegen dieser Reaktion auf das Land einprasselt. Unverhältnismäßig sei das Bombardement, heißt es aus dem globalen Süden und zunehmend auch aus dem Westen, vor allem Zivilisten seien die Opfer.
Dazu kommen die vielen Bilder, die die Hamas ganz bewusst in den Sozialen Medien platziert – echte wie falsche, deren Geschichte aber stets hängen bleibt. Das Bombardement des Al-Ahli-Spitals etwa, das die Terroristen Israel anlasteten, das weltweit für massive Proteste sorgte. Dass eine fehlgeleitete Bombe des Islamischen Dschihad den Krater geschlagen hatte, wie ein paar Tage später herauskam, ging unter.
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Die Hamas selbst hat übrigens mittlerweile die GoPro-Videos der Massaker gelöscht. Sie haben wohl nicht dem Bild entsprochen, das man in der Öffentlichkeit abgeben will: Jetzt findet man Fotos einer entführten Israelin, die einem Geiselnehmer freundlich die Hand reicht.
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