Ein Jahr nach Hamas-Überfall: Der dunkelste Tag für Israel seit dem Holocaust

Hinterblieben der Opfer des Nova-Festivals gedachten in der Negev-Wüste des Massakers vor einem Jahr
Gedenken an den Hamas-Überfall vor einem Jahr. Das Trauma hat nachhaltig Spuren hinterlassen und tiefe Gräben in der Gesellschaft, die sich nicht einmal auf eine gemeinsame Zeremonie einigen konnte.

Sie treffen sich heute, Montag, in Tel Aviv, exakt zu dem Zeitpunkt, als vor einem Jahr das Grauen mit den ersten Schüssen der Hamas begann: Angehörige der Geiseln, die am 7. Oktober 2023 von der radikal-islamischen Miliz verschleppt wurden.

Dieser Terrorakt und das Massaker an Hunderten Israelis löste ein Trauma aus, das bis heute schmerzlich nachwirkt. Die Betroffenen schwanken zwischen Verzweiflung, Hoffnung und Wut. Wut darüber, dass es noch immer keinen Deal gibt, damit die Männer und Frauen endlich frei kommen.

Doch daran, konkret an dem dafür nötigen Waffenstillstand, scheiden sich die Geister. Während die Opferfamilien, aber auch wichtige und weite Teile der Staatengemeinschaft dafür sind, lehnt dies die rechts-rechte Regierung unter Premier Benjamin Netanjahu ab. Mehr noch: Sie hat den Krieg auch auf den Libanon ausgeweitet.

Ein Jahr nach Hamas-Überfall: Der dunkelste Tag für Israel seit dem Holocaust

Israels Premier Netanjahu steht in seiner Heimat in der Kritik der Angehörigen der Geiseln

Die Kluft in Israel geht so tief, dass sie nicht einmal mit einem gemeinsamen Gedenken an den Horror überbrückt werden konnte: Weil die offizielle Zeremonie in den Orten Sderot und Ofakim im Süden Israels stattfinden soll, dort, wo Netanjahus Likud traditionell punktet, kündigten die Angehörigen der Geiseln an, dem Staatsakt fernzubleiben.

Präsident Yitzhak Herzog versuchte zu vermitteln, bot seine Residenz als neutralen Ort an, doch das lehnte Netanjahu ab.

Also wird getrennt des Massakers gedacht: Überfallene Kibbuze organisieren eigene Veranstaltungen, die Hinterbliebenen der Opfer, die an einem Festival in der Negev-Wüste teilgenommen hatten, kamen bereits am Freitag am Ort des Grauens zusammen. Auch gestern versammelten sich dort viele Menschen.

Demos in Wien 

Auch weltweit wurde und wird an das markante Datum erinnert. In Wien organisieren die israelische Botschaft und die Israelitische Kultusgemeinde gemeinsam mit „Lichtermeer“-Initiator Daniel Landau am Montag eine Demo „gegen Hass und Terror“.

Ein Jahr nach Hamas-Überfall: Der dunkelste Tag für Israel seit dem Holocaust

Wie hier in Berlin fanden schon am Wochenende europaweit Demos statt - die meisten pro-palästinensisch 

In anderen Städten Europas kam es bereits am Wochenende zu Kundgebungen, die allerdings mehrheitlich pro-palästinensisch waren. „Free Palestine“ und „Stop the Genocide“ war auf Transparenten etwa in Berlin, Hamburg oder Rom zu lesen. In der Ewigen Stadt, wo die Demo verboten worden war, aber dennoch stattfand, kam es zu Ausschreitungen.

Kritik an Macron

Auch viele Politiker und Staatenlenker meldeten sich zum Jahrestag zu Wort. „365 Tage später muss das Leiden der Menschen und die Spirale der Gewalt endlich ein Ende haben“, schrieb Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) in einer Aussendung. Und weiter: „Wir können es uns nicht leisten, dass ein Feuersturm in der gesamten Region und darüber hinaus wütet.“ Es sei „höchste Zeit für einen Waffenstillstand“.

Den forderte auch Papst Franziskus, der am heutigen Montag „alle um einen Tag des Fastens und des Betens für den Frieden in der Welt“ aufrief. Ein Schweigen der Waffen mahnte auch der deutsche Kanzler Olaf Scholz (SPD) ein. Er fügte hinzu, dass er zwar für eine lebendige politische Debatte eintrete, doch „Antisemitismus und blinden Israel-Hass werden wir niemals hinnehmen“.

Für Irritation und Kritik sorgte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Er drängte auf eine „politische Lösung“ für die Region und forderte, die Waffen-Lieferungen für Israels Gaza-Kämpfe einzustellen. „Frankreich liefert keine mehr“, so Macron, der zudem ankündigte, in eine Libanon-Konferenz einzuberufen. 

Israels Premier Netanjahu reagierte scharf und sprach von einer „Schande“. Man werde mit oder ohne Paris gewinnen.

Heftige Angriffe Israels

Um dieses Ziel zu erreichen, setzte Israel die Angriffe an mehreren Fronten fort. In den südlichen Vororten der libanesischen Hauptstadt Beirut, Hochburgen der radikal-islamischen Hisbollah, kam es zu den heftigsten Bombardierungen seit Beginn der Offensive. Im Südlibanon wiederum attackierte Israels Luftwaffe Stellungen der Hisbollah, die ihrerseits 130 Geschoße Richtung Israel abgefeuert haben soll.

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Israelische Angriffe im Libanon

Insgesamt, so Angaben der Regierung Netanjahu, habe man schon 440 Mitglieder der Terrormiliz getötet, darunter 30 Kommandeure und den Chef Hassan Nasrallah sowie vermutlich aus dessen aussichtsreichsten Nachfolger.

Wegen der Kämpfe ordnete das libanesische Bildungsministerium an, den Schulbeginn von Oktober auf Anfang November zu verschieben.

Auch im Gazastreifen intensivierte Israel seine Militäraktivitäten. Bei einem Luftangriff auf eine Moschee, in der laut israelischen Angaben Hamas-Kämpfer Zuflucht gesucht hatten, starben 26 Menschen. Ein Gebiet im Norden des palästinensischen Küstenstreifens wurden umzingelt.

Terrorakt in Israel

In Israel feuerte ein Mann auf eine Bushaltestelle. Eine Frau wurde getötet, der Attentäter, offenbar ein Angehöriger der beduinischen Minderheit in Israel, „ausgeschaltet“.

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