Isch over, Armin Laschet?
Armin Laschet musste im Wahlkampf viel aushalten: Kritik, Spott, Häme, sogar ein Kreuzverhör durch Kinderreporter. Die stellten ihm unter anderem die Frage, ob er sich manchmal eine Höhle bauen will, um sich zu verstecken. Laschet verneinte. Einfach mal verkriechen können – es wäre nachvollziehbar gewesen. Jetzt, nach der Wahl umso mehr. CDU und CSU haben insgesamt 3,9 Millionen Wählerinnen und Wähler verloren, die meisten an die SPD.
Doch Laschet denkt nicht daran, sich zu verstecken. Ganz im Gegenteil. Der Mann, der eigentlich den Ruf als Moderator und Zusammenführer hat, wirkt wie auf einem Ego-Trip. Er hofft trotz der historischen Wahlniederlage, mit einem Bündnis aus Grünen und FDP ins Kanzleramt einziehen zu können. Er hatte im Vorfeld der Wahl erklärt, dass er „ohne Rückfahrkarte“ nach Berlin gehe – also nicht mehr als Ministerpräsident nach Nordrhein-Westfalen zurückkehrt.
Nun wünschen sich 68 Prozent der Deutschen laut einer Umfrage vom Mittwoch, dass Laschet sich komplett aus der Politik zurück zieht:
Söder schlägt zu
In den vergangenen Tagen ist der Widerstand gegen Laschets Strategie, Sondierungen aufzunehmen, immer weiter gewachsen. Dabei meldeten sich jene zu Wort, die ihn als Fehlbesetzung gesehen haben und lieber CSU-Chef Markus Söder als Kanzlerkandidaten gesehen hätten, wie der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer. Oder der Chef der Jungen Union, Tilmann Kuban („Wir haben die Wahl verloren. Punkt.“). Aber auch Altvordere wie der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier. Er hat dafür gekämpft, dass Laschet Kanzlerkandidat wird. Nun sagt er: „Wir haben keinen Anspruch auf Regierungsverantwortung.“ Die härteste Ansage kam am Dienstag wenig überraschend aus München. CSU-Chef Söder hat das getan, was Laschet bisher vermied: Er gratulierte SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz zum Wahlsieg. Es sei eine „Stilfrage“, jemandem zu gratulieren, der mehr Stimmen hat. Scholz habe „die besten Chancen, Kanzler zu werden“. Aus einem „klaren Platz zwei“ bei der Wahl „lässt sich nun wirklich kein Regierungsauftrag moralisch legitimieren“. Und: „Man muss diese Lage annehmen, auch innerlich annehmen.“
Wenige Sätze, die den Höhepunkt in der internen Auseinandersetzung zwischen Laschet und Söder markieren. Der Rivale hat ihn – den Kanzlerkandidaten und Chef der größeren Schwesterpartei – quasi abqualifiziert und ihm ausgerichtet, was er zu tun habe: nämlich einem anderen den Vortritt zu lassen und die Niederlage zu akzeptieren.
Aus und vorbei?
Ist es also demnächst mit Laschets politischer Karriere zu Ende? Oder, um mit Wolfgang Schäubles bekannten Worten zu fragen: Isch over? Ja – und nein.
Wer Laschet kennt, weiß von seiner Beharrlichkeit zu berichten. Hinter der rheinischen Frohnatur steckt ein gewiefter Machtmensch, der alles tut, um sich im Spiel zu halten. Das hat er beim Ringen mit Markus Söder um die Kanzlerkandidatur gezeigt, die er über den CDU-Bundesvorstand erzwungen hat.
Laschet sucht Ausweg
Um Laschets Zukunft ging es auch am Dienstagabend. Bevor die Abgeordneten von CDU/CSU zusammenkamen, um ihren Fraktionschef zu wählen, schlug Laschet – gemeinsam mit Söder – vor, dass der bisherige Fraktionschef Ralph Brinkhaus für die nächsten sechs Monate im Amt bleibt, bis klar ist, ob es zu Koalitionsverhandlungen mit Grünen und FDP kommt. Eine Vermutung: Laschet will sich den Posten offen halten, um zumindest noch Oppositionsführer zu werden.
Brinkhaus wurde schließlich mit 85 Prozent wiedergewählt. Vor der Abstimmung war nicht ausgeschlossen worden, dass sich Gegenkandidaten melden. Laschet, der ebenfalls anwesend war und sich für Fehler im Wahlkampf entschuldigte, musste sich heftiger Kritik stellen. In Berlin machten am Dienstag zudem Gerüchte die Runde, wonach sich einige in der CDU eine führende Rolle Söders bei möglichen Gesprächen mit FDP und Grünen wünschen.
Söder hatte die Option zu Sondierungen trotz Gratulation an Scholz nicht ganz ausgeschlossen: Es gebe „eine kleine Möglichkeit“, dass die Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Grünen am Ende nicht komme. Für diesen Fall hätte er eine „Matrix“ für gemeinsame Gespräche vorbereitet. Ob er Laschet als Mitverhandler dabei haben will, erwähnte er nicht.
Kommentare