Zeitung: Baerbock entmachtet, Habeck soll Vizekanzler werden

Zeitung: Baerbock entmachtet, Habeck soll Vizekanzler werden
Die Nummer eins im Wahlkampf wäre damit in der neuen Regierung nur noch die Nummer zwei der Grünen.

Die Grünen-Vorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck haben schon vor den Verhandlungen über eine Regierungsbildung geklärt, wer von ihnen den Vizekanzlerposten übernehmen würde. „Gehen Sie davon aus, dass wir komplett sortiert sind“, sagte Habeck am Montag auf eine entsprechende Frage. Für wen sich die beiden entschieden haben, verrieten sie aber nicht. Es deutet aber einiges auf Habeck hin. 

„Es gehört ja zu der Verantwortung, die wir hier jetzt mehrfach betont haben, dass man gut vorbereitet und geklärt reingeht“, betonte Habeck. „Es gehört aber auch zu der Verantwortung, diese Klärung dann nicht zu Markte zu tragen.“

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Online) berichtete, dass die beiden sich schon vor längerer Zeit für den Fall eines schlechten Wahlergebnisses auf Habeck als Vizekanzler verständigt hätten. Baerbock habe ihre Chance gehabt, heiße es nun in der Partei. Mit den personellen Konsequenzen müsse man deutlich machen, dass die Grünen nicht einfach in der bisherigen Formation weitermachen könnten, sondern „verstanden haben“. Der Deutschen Presse-Agentur wurden die Angaben aus Parteikreisen bestätigt.

Die Nummer eins im Wahlkampf wäre damit in der neuen Regierung nur noch die Nummer zwei der Grünen. Die beiden Parteivorsitzenden sind bei der Bundestagswahl zwar als Spitzenduo angetreten, Baerbock hatte als Kanzlerkandidatin aber eine herausgehobene Rolle. Die Grünen erzielten zwar ihr bestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl, blieben aber trotzdem hinter ihren Erwartungen.

In den Umfragen hatten sie in den Monaten vor der Wahl deutlich besser gelegen. Bis auf 28 Prozent schoss der Balken nach der Nominierung Baerbocks in die Höhe. Dann folgte Fehler auf Fehler: ein geschönter Lebenslauf, der Vorwurf, sie habe in ihrem Buch abgeschrieben. Danach war es vorbei mit dem Höhenflug. Baerbock landete als Kanzlerkandidatin schließlich weit abgeschlagen auf dem dritten Platz hinter ihren Konkurrenten Olaf Scholz (SPD) und Armin Laschet (CDU/CSU).

Gegen Scholz verlor sie auch in ihrem Wahlkreis Potsdam. Habeck gewann dagegen eines der 16 Direktmandate der Grünen im ländlichen Schleswig-Holstein. Eine Besonderheit: Die anderen 15 Mandate wurden in städtischen Gebieten geholt, wo die Grünen traditionell stark sind.

Baerbock räumte am Montag ein, dass das Ergebnis hinter den Erwartungen geblieben sei und sie zusammen mit Habeck Verantwortung dafür trage. Sie fügte aber auch hinzu, dass sie „in einer ganz besonderen Verantwortungsrolle“ sei.

Aus der Wahl geht sie jedenfalls deutlich geschwächt hervor. Seit der Schließung der Wahllokale hat sich die Medienpräsenz ihres Co-Vorsitzenden Habeck schon deutlich erhöht. Er macht oft die deutlicheren Ansagen. Wie bei der Kanzlerkandidatur gibt es aber auch in der Vizekanzler-Frage das Proporz-Problem. Wäre Habeck angetreten, hätten sich drei Männer um das höchste Regierungsamt beworben. Wenn er nun Vizekanzler wird, würden in beiden möglichen Konstellationen drei Männer die Regierung anführen.

Habeck hatte keinen Hehl daraus gemacht, wie sehr es ihn geschmerzt hat, zugunsten Baerbocks auf die Kanzlerkandidatur zu verzichten. Die Nominierung seiner Co-Vorsitzenden hatte er als „persönliche Niederlage“ bezeichnet. „Nichts wollte ich mehr, als dieser Republik als Kanzler zu dienen. Und das werde ich nach diesem Wahlkampf nicht“, sagte er in einem Interview der „Zeit“. Nach der Wahl kann er nun zumindest Vizekanzler werden.

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