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Dazu kommt das – zumindest nach außen präsentierte – Tauwetter mit Saudi-Arabien. Die Weltbank bescheinigt der Islamischen Republik Iran, dass das Land „damit beginne, sich zu erholen“. Aus iranischer Sicht sind das gute Nachrichten, zumal es derzeit nicht danach aussieht, als ob eine militärische Eskalation mit den USA drohe. Im Gegenteil – die aktuellen US-Vergeltungsschläge auf proiranische Milizen im Irak dürften den derzeit diskutierten Abzug von US-Soldaten aus dem Irak noch beschleunigen. Dort, wie in Syrien und dem Libanon, hat der Iran schon seit Jahren seinen Einfluss ausgebaut, liefert Waffen an die Hisbollah und andere schiitische Milizen.
Und dennoch ist längst nicht alles eitel Wonne unter der Mullah-Regierung.
Die Bevölkerung leidet unter einer massiven Dürre, die Suizide steigen – sie sind eine Folge der massiven Armut in der Bevölkerung.
Die Inflation ist nach wie vor hoch, lag im vergangenen Jahr bei mehr als 47 Prozent. Immer wieder finden in Städten Demonstrationen statt – wenn nicht gegen die hohen Lebensmittelpreise und den schwachen Rial, dann gegen die regelmäßigen Misshandlungen junger Frauen durch regierungsnahe Schlägertrupps.
Und auch mit China – die Volksrepublik bezieht zehn Prozent ihres Rohöls aus dem Iran – haben sich die Beziehungen etwas verschlechtert: Anfang des Jahres stellte Teheran seine Lieferungen ein. Für iranisches Öl zahlt China zehn Prozent weniger als für russisches – und dieses gibt es bereits zu niedrigen Preisen. Gleichzeitig ist China nicht glücklich mit der Blockade des Roten Meeres durch die Houthis, die vom Iran stark unterstützt werden. Es ist allerdings nicht anzunehmen, dass sich im iranisch-chinesischen Verhältnis große Risse auftun, denn dafür braucht der Iran die Volksrepublik zu sehr: 400 Milliarden Dollar soll die strategische Partnerschaft mit Peking bis 2026 bringen. Der Großteil des Bedarfs an Gütern des täglichen Lebens kommt aus China, das seine starke Stellung ausnutzt und bei einigen Produkten höhere Preise verlangt als anderswo.
Mehr Hoffnungen darf sich die iranische Führung in Bezug auf Russland machen: Beide Staaten haben zum Ziel, die westlichen Sanktionen weiter zu umgehen – und kooperieren beispielsweise stark im Bereich der militärischen Güter. Die iranischen Shahed-Kamikazedrohnen sind ein Exportschlager, trotz jahrzehntelanger Sanktionen konnte sich der Iran im Bereich der Drohnen-Kampfführung profilieren.
Blick nach Osten
Unter Ali Khamenei ist der Iran – vor allem nach Donald Trumps Aufkündigung des Atomdeals – wirtschaftlich in Richtung Osten gerückt. Mit allen damit verbundenen Vor- und Nachteilen. Die Außenpolitik in Richtung Westen ist jedoch unverändert: „Tod den USA, Tod Israel“.
Sowohl Hamas, Hisbollah als auch die Houthis wurden vom Iran trainiert, mit Waffen beliefert – und agieren nun „eigenständig“, wie Teheran stets betont. Den iranischen Zielen ist es förderlich, während im Inland die Sicherheitskräfte Aufstände und Demonstrationen niederschlagen. Allein bei den letzten Massenprotesten nach der Ermordung der 22 Jahre alten Mahsa Amini wurden mehr als 20.000 Menschen inhaftiert, mindestens 500 getötet. Gleichzeitig steigt die Zahl der Hinrichtungen im Land an.
Wer folgt nach?
Stirbt Khamenei (84), dessen Gesundheitszustand nicht der beste sein soll, in den kommenden Jahren, dürfte sich die Lage der Regimekritiker nicht bessern: Einerseits wird darüber spekuliert, dass der „Oberste Führer“ seinen Sohn Modschtaba zum Nachfolger erklärt. Der 54-Jährige soll als Kommandant der Basidsch-Miliz die Proteste vor einem Jahr blutig niedergeschlagen haben.
Ein anderes Szenario ist ein Militärputsch durch die iranischen Revolutionsgarden. Ihre Macht im Staat ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Sollten sie mit dem Nachfolger Khameneis nicht einverstanden sein, könnten sie – so Beobachter – auf die Barrikaden steigen. Im Falle einer Machtübernahme würde sich in puncto Repressionen wenig ändern.
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