"Wir haben im Parlament jetzt eine Mehrheit für eine Volksbefragung, damit wir unseren eigenen Weg zurück nach Europa und mit unseren Freunden, unter anderem in Österreich, eine neue Zukunft für Schottland finden können", sagt Robertson. Bei der Volksbefragung 2014 stimmten nur 45 Prozent für eine Abspaltung vom Vereinigten Königreich. Bei einer bis Ende 2023 geplanten zweiten, bei der er eine zentrale Rolle spielen dürfte, ist Robertson von einem Triumph überzeugt: "Unter jungen Leuten unterstützen zwischen 60 und 70 Prozent die Unabhängigkeit."
Den Brexit lehnten einst 62 Prozent der Schotten ab. So zog die SNP mit dem Ruf nach einem neuerlichen Votum über die Union in die Wahl. Eine absolute Mehrheit hat sie mit den Grünen als Regierungspartner. Diese sehen die Zukunft ebenfalls in der EU statt dem Königreich.
Die britische Regierung von Boris Johnson lehnt ein neuerliches Referendum bisher ab. "Es muss genehmigt werden, weil das Volk dafür gestimmt hat", sagt aber Robertson. "Entweder ist das Vereinigte Königreich eine Demokratie, oder nicht".
Wien habe sich "immer wieder neu erfunden", argumentiert sein Buch. Ein selbstbestimmtes Schottland könne da Inspiration finden, sich etwa in den Bereichen "Frieden und Versöhnung" profilieren und "einen Platz anbieten für die, die besser miteinander reden wollen".
Robertsons Herz schlägt für Wien, seit er nach dem Studium in Aberdeen 1991 als Sprachassistent an einer HAK landete und dann als Journalist arbeitete, etwa für BBC und Blue Danube Radio. Als sich 1999 das erste schottische Parlament seit 1707 konstituierte, zog es ihn in die Heimat und die Politik.
Zwischen zwei Jobs hat er geschrieben, was ihm bei der Ankunft in Wien fehlte: "Ich konnte nirgendwo ein Buch finden, das mir die Geschichte Wiens als große, internationale Stadt erzählt". So beschreibt er detailliert die Rolle Wiens als Zentrum für Diplomatie und Kultur – von den Habsburgern bis zum Kalten Krieg, "von den positivsten zu den destruktivsten Ideen".
Das Café Bräunerhof hat Robertson, Träger des Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich, in seiner Wienzeit lieben gelernt. Ein Exportverbot des schottischen Nationalgerichts bereitete damals aber Sorgen. "Ich war der Gründer des jährlichen Robert-Burns-Fests", erinnert er sich. Bei dieser Feier zu Ehren des Nationaldichters dürfen dessen Gedicht "Address to a Haggis" und eben diese Speise nicht fehlen. "Wir haben aber irgendwie genug Haggis ergattert, um Schottland ordentlich feiern zu können".
Gefeiert wird in Schottland auch die Politik von Robertsons alter Weggefährtin Sturgeon. "Wir kennen uns, seit wir 16 waren", erklärt der stolze Vater zweier Töchter. "Sie ist ein Vollprofi, sehr menschlich und zukunftsorientiert. Sie ist eine tolle Kollegin, eine tolle Erste Ministerin und sie wird eine tolle erste Premierministerin eines unabhängigen Schottlands sein".
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