Die Vorwürfe kommen für Giffey zur Unzeit. Die Berliner SPD hat sie mit 89 Prozent zur Chefin und Spitzenkandidatin für die Herbst-Wahl gekürt: Die 42-Jährige soll mit ihren Beliebtheitswerten und nahbaren Art der bei 15 Prozent dümpelnden SPD Aufschwung geben. Wird sie Berlins nächste Bürgermeisterin, könnte das ein Sprungbrett sein. Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) und Bundespräsident Richard von Weizsäcker (CDU) fingen einst im Roten Rathaus an.
Begonnen hat die Polit-Karriere der gebürtigen Ostdeutschen aus Frankfurt/Oder in Berlin-Neukölln. Ein Bezirk, über den gerne dann berichtet wurde, wenn es um Kriminalität ging. Oder, wenn der frühere Bürgermeister Heinz Buschkowsky mit seiner These von der gescheiterten multikulturellen Gesellschaft durch Talkshows tingelte. Giffey war in seinem Team Bezirksstadträtin für Bildung, ehe sie ihn 2015 beerbte. Die Zeit stellte damals fest: „Wie ihr Vorgänger sagt sie gern, was ist, auch wenn es viele nicht hören wollen.“
Nur, dass bei der Frau im Kostüm mit Hochsteckfrisur und einem Lächeln im Gesicht harte Botschaften immer freundlich klangen. Wenn sie etwa Eltern mit Bußgeld drohte, sollten sie ihre Kinder nicht zum Sprachtest bringen.
Sicherheit und Ordnung
Manchen Genossen ist ihr Kurs zu rechts, vor allem in der Berliner SPD. Darauf angesprochen, entgegnete Giffey im Tagesspiegel, dass Sicherheit und Ordnung ur-sozialdemokratisches Kernthema wären – dafür zu sorgen, dass jene sicher leben können, die sich Sicherheit nicht mit SUVs oder Villen in Zehlendorf kaufen können.
In Neukölln gibt’s davon wenige. Lebten hier lange eher ärmere Menschen, ziehen nun Jungunternehmer und Studenten zu. Viele Probleme der Hauptstadt wie Wohnungsnot oder Vermüllung finden dort im Kleinen statt. Giffey versuchte vieles anzupacken, nicht alles gelang. Ihre Müll-Sheriffs, die dafür sorgen sollten, dass niemand mehr Hausrat und Abfall auf der Straße entsorgt, waren weniger effektiv als plakativ.
Nah dran an den Menschen
Jene, die es gut mit ihr meinen, sehen das positiv: Sie ist eine Kümmerin, viel draußen unterwegs, mit simplen Botschaften für einfache Leute. So fand sie auch als Ministerin für sperrige Verordnungen oft blumige Namen, wie etwa für das „Gute-Kita-Gesetz“.
Mehr Kreativität wird gefragt sein, wenn die Uni Giffey doch als Plagiatorin überführt. Und sie vom Ministerinnenjob zurücktritt, aber als Kandidatin fürs Rathaus weitermachen will. So hat sie es via Zeit angekündigt („Ich trete an, egal was passiert“). Dann müssen ihr ganz andere Kunststücke gelingen.
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