Klar, die Hafenstadt ist seit jeher rote Herzkammer, hier formierte sich eine Arbeiterbewegung aus der 1890 die Sozialdemokratische Partei Deutschlands hervorging. Sie regiert die Stadt seit Jahrzehnten, brachte mit Helmut Schmidt einen Kanzler hervor. So gingen die Hamburger Genossen schon immer ihren Weg: Mittig, pragmatisch, wirtschaftsaffin. Obwohl sie damit weit in die bürgerliche Mitte eindrangen, punkten sie genauso bei sozial Schwächeren. Auch bei dieser Wahl kamen die meisten Stimmen aus Gebieten, wo die Arbeitslosigkeit hoch ist, viele Menschen Migrationshintergrund haben. Aber genauso aus den wohlhabenden Elbvororten.
Nur bei den jüngeren Wählern mussten sie an die Grünen abgeben. Noch vor sechs Wochen waren sie fast gleichauf, am Ende machten die Ökos deutliche Sprünge und verdoppelten ihr Ergebnis zu 2015. Die SPD könne sich vorstellen, die Koalition mit den enorm erstarkten Grünen weiterzuführen. Für Tschentscher ist das eine "sehr naheliegende Option". Die SPD wolle aber auch der CDU ein Gespräch anbieten. Darin solle es darum gehen, wie sich die CDU ein rechnerisch mögliches Bündnis vorstelle. Für die SPD gehe es inhaltlich vor allem darum, das große Thema Klimaschutz mit Wirtschaft und sozialem Ausgleich zu verbinden. So könnten auch Christdemokraten sprechen.
Abgesehen von den Koalitionsmögichkeiten in Hamburg, der Einordnung der Ergebnisse, dreht sich in Berlin alles um die Frage: Was sagt der Wahlerfolg der Roten in Hamburg über den Zustand der Partei aus? Und lässt dich davon für den Bund lernen?
Spoiler: relativ wenig. "Die urbanen Milieus sind das letzte Biotop, in dem die SPD mehrheitsfähig ist", schreibt die taz. Sieben der zehn größten Städte Deutschlands werden sozialdemokratisch regiert. Allerdings sei die Sozialdemokratie in Hamburg eine "Art Staatspartei", das sei alles andere als ein "übertragbares Modell". Fakt ist: Hamburg ist wirtschaftlich gut aufgestellt und mit anderen ländlicheren Gebieten, wie etwa in Ostdeutschland nicht vergleichbar.
Stolz auf Scholz
Mit Blick auf die nächsten Wahlen und eine mögliche Kanzlerkandidatur könnte es dazu dennoch weitere Debatten geben. Denn neben Wahlsieger Peter Tschentscher war einer anderer gestern omnipräsent im Fernsehen zu sehen: Sein Vorgänger Olaf Scholz, Vizekanzler und Finanzminister, der im Rennen um den Parteivorsitz das Nachsehen hatte. Dass sich Scholz schon immer Ambitionen aufs Kanzleramt hegte, ist bekannt. Er selbst machte es in der Vergangenheit mehrmals deutlich. Sollte sich die Frage wieder stellen - immerhin haben die beiden Parteichefs das Vorschlagsrecht - könnte er den Sieg in seiner Stadt ins Spiel bringen.
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