Hamburg bleibt weiter die Perle der Sozialdemokraten
Aus dem Willy-Brandt-Haus, der SPD-Zentrale, gab es zuletzt selten gute Nachrichten zu vermelden. Nach den Wahlen in den östlichen Bundesländern Deutschlands 2019, wo die SPD – bis auf Brandenburg – einstellig blieb, schaute man am Sonntag hoffnungsvoll gen Norden: Hamburg ist – bis auf ein zehnjähriges Intermezzo von CDU-Mann Ole von Beust – in sozialdemokratischer Hand. Kurz: Eine Perle für die SPD.
Und dass wird sie auch bleiben. Denn entgegen dem Trend konnte sie laut Hochrechnungen mit zirka 39 Prozent die Bürgerschaftswahl gewinnen. Zwar mit sieben Prozent weniger als 2015, aber Sieg ist Sieg – besonders in Zeiten, wo die Bundespartei bei 14 Prozent steht.
Abgrenzung von Berlin
Für die eher konservativen Hamburger Genossen ist es eine Bestätigung ihres Kurses. Es ist kein Geheimnis, dass sie keine große Freude mit der neuen Bundesparteispitze haben: Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans waren nicht einmal als Wahlhelfer eingeplant. Im Rennen um den Parteivorsitz warben die Hamburger SPDler geschlossen für ihren Ex-Bürgermeister und aktuellen Vizekanzler Olaf Scholz. Auch im Wahlkampf versuchte sich sein Erbe, Peter Tschentscher, von Berlin abzusetzen. Er kritisierte den Mietendeckel seines Amtskollegen Michael Müller. Und den Bund, der "keinen erkennbaren Plan für die Energiewende" hat. Kurz vor der Bürgerschaftswahl legte er Vorschläge zum Kohleausstieg in Hamburg vor.
Wobei dies nicht ohne Druck der Straße sowie des grünen Koalitionspartners passiert wäre, der zugleich stärkster Konkurrent war. Am Ende konnten die Grünen zu 2015 ihr Ergebnis fast verdoppeln, nur für die Erste Bürgermeisterin hat es nicht gereicht. Katharina Fegebank wird wohl weiter die Zweite bleiben, kann aber als gestärkte Juniorpartnerin auftreten. Eine Fortsetzung der rot-grünen Koalition gilt als wahrscheinlich.
Quittung für Thüringen
Auch weil die politische Konkurrenz stark verloren hat: Die CDU erreichte mit elf Prozent bundesweit ihr schlechtestes Landtagswahlergebnis seit fast 70 Jahren. Die FDP kam auf knapp fünf Prozent und muss noch um den Wiedereinzug zittern.
Bei beiden schlugen sich die Ereignisse in Thüringen um die Ministerpräsidentenwahl eines FPD-Politikers mit Stimmen von CDU und AfD nieder. Dazu kommt dass die Hamburger CDU inhaltlich kein Programm anbieten konnte. Für die CDU-Bundesspitze ist das eine Schlappe und Ausdruck ihrer Sinnsuche, aber nicht das einzige und größte Problem: Da wären noch die offene Führungsfrage, eine Parteichefin auf Abruf und die Entscheidung des Thüringer Landesverbandes. Nach mehreren Wendungen will er nun doch Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) wählen, dessen Minderheitsregierung tolerieren und für den April 2021 Neuwahlen ansetzen. An der Parteispitze ist man sauer und sieht man den Unvereinbarkeitsbeschluss zu Linken und AfD in Gefahr.
AfD-Aufwärtstrend gebremst
Apropos AfD. Sie konnte ihren Aufwärtstrend am Sonntag nicht fortsetzen. So stark sie zuletzt in Ostdeutschland abgeschnitten hat, wo sie teilweise mehr als zwanzig Prozent erreichte, so schwach ist sie in Norddeutschland bzw. in Hamburg. Dort zog sie 2015 mit sechs Prozent erstmals in ein westdeutsches Parlament ein, nun kam sie knapp über die Fünf-Prozent-Hürde. Auf Bundesebene verlor sie in einer am Samstag veröffentlichten Forsa-Umfrage doch etwas deutlicher. Nach dem rassistisch motivierten Anschlag von Hanau rutschte sie von zwölf auf unter zehn Prozent: Nicht auszuschließen, dass sich doch einige ob der taktischen Manöver in Thüringen oder der radikalen Rhetorik abwenden.
Nach Angaben des Hamburger Landeswahlamts erreichte die SPD mit 39,0 Prozent wieder klar Platz eins (2015: 45,6). Die Grünen kamen auf 24,2 Prozent (12,3). Die CDU sackte noch einmal ab auf nun 11,2 Prozent (15,9). Die Linke gewann leicht auf 9,1 Prozent (8,5). Die FDP lag bei 5,0 (7,4), die AfD bei 5,3 Prozent (6,1). Für die Liberalen wird es erst am Montagabend endgültige Klarheit geben.
Kommentare