Habeck ruft in Wien zu Verzicht auf: "Private sollen ihren Anteil leisten"

Wenn Robert Habeck über die Energiekrise spricht, dann geht es oft um konkrete Maßnahmen. Dass man etwa weniger lang duschen solle, schlug der deutsche Wirtschaftsminister kürzlich vor; die Debatte in Deutschland war erwartbar emotional.
Auch am Dienstag, als der Grüne gemeinsam mit Kollegin Leonore Gewessler in Wien vor der Presse stand, um eine Gas-Kooperation zu paktieren, ging es um solche Dinge. Da stellte Habeck offen infrage, ob die Energielenkung, die beide Länder im Notfall vorgesehen haben, noch sinnvoll sei. Der Plan, die Industrie abzuschalten, um niemanden frieren zu lassen, sei überholt. „Aber wir gehen möglicherweise von einer monatelangen Unterbrechung des Gases aus“, da sollen „Private einen Anteil leisten.“
Das sind Worte, die man in Österreich so nicht hört. Eine Energiesparkampagne, wie Habeck sie schon länger lanciert, ist hier für den Herbst geplant. Experten sehen das kritisch: Die Kommunikation in Österreich ist nicht ausreichend“, sagt Johannes Schmidt, der als Professor an der BOKU zum Thema Energiewende forscht. „Selbst ich als Experte kann nicht einschätzen, was auf uns zukommt.“

Minister Habeck mit Kollegin Gewessler (li.) und Peter Weinelt von den Wiener Stadtwerken
"Wir sind in einer Schicksalsgemeinschaft"
Zu Engpässen könnte es aber schon bald kommen. Sollte Moskau den Gashahn bei Nord Stream 1 nicht mehr aufdrehen – was durchaus wahrscheinlich ist, wie auch die E-Control sagt – hätte das nicht nur Auswirkungen auf Deutschland, wohin die Pipeline führt. „Deutschland würde dann am europäischen Markt einkaufen“, sagt Schmidt – der Gasmarkt sei mittlerweile so verschränkt, dass man nicht an Staatsgrenzen zu denken aufhören könne.
Das sagten auch die beiden Minister. Dass Habeck in Wien und zuvor in Prag war, wo er einen ähnlichen Pakt unterschrieb, sollte auch die Debatten über eine mögliche Enteignung des Gases in den deutschen und österreichischen Speichern beenden. „Wir sind in einer Schicksalsgemeinschaft“, so Habeck, „nationale Hybris“ sei fehl am Platz. Gewessler meinte, Österreich sei auf andere Länder angewiesen: „Wir dürfen uns nicht spalten lassen.“
Österreich profitiert von deutschen LNG-Terminals
Wie sehr Österreich und Deutschland einander im Krisenfall tatsächlich helfen können, bleibt abzuwarten. Paktiert wurde zum einen, dass der Gasdurchfluss über die Grenze auch im Krisenfall nicht eingestellt wird – das ist vor allem für Tirol und Vorarlberg wichtig, die am deutschen Gasnetz hängen. Zum anderen hat man die gemeinsame Nutzung der Gasspeicher sichergestellt, schließlich sind beide Länder wichtige Speicherstandorte für andere europäische Staaten.
Der dritte Part der Vereinbarung ist der wohl wichtigste für Österreich: Künftig wird Gas von den deutschen LNG-Terminals, die Habeck gerade im Eiltempo an der Nordsee bauen lässt, nach Süden fließen können. Österreichs Unternehmen sind aufgerufen, sich an den Ausschreibungen dazu zu beteiligen – und könnten sich ihrer Rückendeckung sicher sein.
Kommentare