Wahlsieger Farage treibt Politik vor sich her

Ein spöttisches Lächeln für die nervösen politischen Mitbewerber: UKIP-Chef Nigel Farage.
Der EU-Austritt wird zum Wahlkampfthema.

Persönliche Untergriffe sind eigentlich nicht der passende Umgangston für einen Premierminister, aber David Cameron war an diesem Morgen im BBC-Radio hörbar zu entnervt, um sich an solche Spielregeln zu halten. Dass sich dieser Nigel Farage ständig den Briten als "der einfache Typ von nebenan" verkaufe, werde er nicht länger hinnehmen: "Das ist ein Profi-Politiker, mit Riesenspesen, seiner eigenen Frau als Mitarbeiterin und allem was sonst noch so dazugehört."

Cameron hat allen Grund, unrund zu sein. Seine konservativen Tories haben bei den Europawahlen am Wochenende die befürchtet verheerende Niederlage eingefahren. Mit 24 Prozent der Stimmen kamen sie nur auf Platz drei, hinter der oppositionellen Labour-Partei, vor allem aber vier Prozentpunkte hinter dem klaren Wahlsieger: Nigel Farages UKIP.

Der rabiate EU-Gegner Farage war schon am Tag nach der Wahl nicht mehr nur mit Feiern ("Ich bin komplett aus dem Häuschen") beschäftigt, sondern mit ganz konkreten politischen Strategien für die nächste politische Auseinandersetzung: Die britischen Parlamentswahlen im Mai 2015, also in genau einem Jahr.

Farage macht bereits deutlich, wie er die Stellung seiner UKIP in der britischen Politik einschätzt: "Als dritte Kraft". Doch um diesen Anspruch tatsächlich umzusetzen, also mit Abgeordneten ins Londoner Unterhaus einzuziehen, muss man sich dem britischen Mehrheitswahlrecht stellen, das Kleinparteien stark benachteiligt.

Also will sich der UKIP-Chef auf die Regionen konzentrieren, in denen seine Partei am stärksten abgeschnitten hat, das sind etwa die Industrieregionen in Mittelengland. Dort werde man "politische Cluster" etablieren und so einzelne Bezirke zu gewinnen versuchen.

Kampf um die Arbeiter

Das wiederum sorgt für Unruhe bei Labour, sind doch diese Wahlbezirke traditionelle Hochburgen der Partei. Eine Gruppe einflussreicher Labour-Parlamentarier drängt darauf, endlich von der klar pro-europäischen Parteilinie abzurücken. Sie fordert, dass die eigene Partei für eine Volksabstimmung über den Austritt Großbritanniens aus der EU eintritt. Man müsse die Angst der Arbeiter vor unkontrollierter Zuwanderung endlich ernst nehmen. Sonst würden die in Scharen zu UKIP überlaufen.

Die Tories sind ohnehin seit Monaten dabei, von Europa abzurücken. Auch jetzt, nach der Wahlniederlage, forderte Premier Cameron erneut eine umfassende EU-Reform: Die Menschen seien vom EU-Projekt desillusioniert und wollten einen politischen Wandel.

Diesen Wandel will Cameron in Verhandlungen mit der EU durchsetzen. Großbritanniens Mitgliedschaft in der EU müsse grundsätzlich neu organisiert, Kompetenzen und Gelder aus Brüssel zurück nach London verlagert werden. Eine Volksabstimmung über die EU-Mitgliedschaft hat der Premier bis spätestens 2017 versprochen. Vielen in der eigenen Partei ist das inzwischen längst zu spät. Sie wollen schon im kommenden Jahr über den EU-Austritt abstimmen – ganz so, wie es auch Nigel Farage fordert.

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