Harrys Memoiren: "Das könnte der Anfang vom Ende der Monarchie sein"
Braucht Großbritannien die Royals noch? Diese Frage wurde auf der Insel immer wieder diskutiert - als King Edward VIII 1936 wegen seiner großen Liebe Wallis Simpsons zurücktrat ebenso wie in den 1990ern, als Prinzessin Diana enthüllte, wie ihr Mann Charles mit ihr umsprang.
Trotz aller öffentlicher Debatten, die es sogar in die Literatur schafften – in Sue Townsends Bestseller „Die Queen und ich“ aus dem Jahr 1994 wurde die Monarchie abgeschafft und die Royals mussten ihr Dasein in einer Londoner Sozialsiedlung fristen -, standen die Briten aber immer mehrheitlich hinter der königlichen Familie. In Umfragen sprach sich auch zuletzt nur etwa ein Viertel für eine Abschaffung der Monarchie aus; in Schottland wenig überraschend deutlich mehr als im Süden.
Nachhaltige Destabilisierung
Jetzt könnte sich das Blatt allerdings wenden, sagt Catherine Mayer, Biographin von König Charles. Sie ist durch ihr Buch persönlich vertraut mit dem internen Umgang der Royals miteinander, und ihre Prognose ist düster: Das, was Prinz Harry in seinen am Dienstag erscheinenden Memoiren „Spare“ enthüllt, könnte die Royals nachhaltig destabilisieren, sagt sie dem britischen Guardian. „Das könnte der Anfang vom Ende der Monarchie sein.“
Seit Tagen werden Details aus dem Buch veröffentlicht, weil es – wohl unabsichtlich – in Spanien kurz zum Kauf erhältlich war. Dass er darin etwa erzählt, sein Vater Charles sei eifersüchtig auf seine Frau Meghan und die Ehefrau seines Bruders William, Herzogin Katherine, gewesen; dass William ihm gegenüber handgreiflich geworden sei und die beiden einander eigentlich spinnefeind seien; dass seine Verwandten ihn und seine Frau – auch aus rassistischen Motiven – mit angeblich gefälschten Infos an die Yellow Press denunziert hätten. All das mache die Royals zu "Stellvertretern für den Rassismus und die Frauenfeindlichkeit", die in Großbritannien herrschen würden. Und das bei einer Institution, die eigentlich für Ungleichheit stehe: „Es steht viel auf dem Spiel“, sagt Mayer.
Mobbing, Rassismus und Misogynie
Mayers Buch "The Heart of a King" (Das Herz eines Königs) über Charles hatte bei seiner Erscheinung im Jahr 2015 zu heftigen Kontroversen geführt. Die Autorin warf nach zahlreichen Interviews mit dem damaligen Thronfolger ähnliche Fragen auf wie später Harry – sie erzählte von Mobbing, Rassismus und Misogynie bei den Royals.
Die Enthüllungen seien "keine Klamauk-Geschichte" über eine „britische Touristenattraktion“, sagt sie. Man dürfe nicht vergessen, welche Rolle die Monarchie in der Gesellschaft einnehme und wie viel Geld sie vom Steuerzahler bekomme. Würden die Vorwürfe nicht öffentlich diskutiert und entkräftet, könnte dies das Vertrauen in die Idee eines royalen Staatsoberhaupts massiv schwächen. Denn eigentlich sollte die Royal Family ein idealisiertes Spiegelbild der britischen Gesellschaft sein. Die Heirat Harrys mit der schwarzen US-Amerikanerin Meghan Markle hätte den Job der Royals eigentlich vereinfachen sollen – dass das nicht gelungen ist, ist „absolut katastrophal für die Königsfamilie“.
Harrys Angebot
Prinz Harry selbst hat nun im Vorlauf der Publikation seiner Memoiren ein wenig die Hände Richtung London ausgestreckt. „Die Tür ist immer offen“, sagt er in einem Interview mit dem britischen Sender ITV, das am Sonntag um 22.00 Uhr MEZ in voller Länge gezeigt wird. Er hoffe, dass seine Familie bereit sei, sich zusammenzusetzen und über alles zu reden. Ob das fruchtet, darf bezweifelt werden: Das Königshaus schweigt bislang bekanntlich zu den Vorwürfen.
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