Griechenland darf Flüchtlinge nicht mehr auf Inseln festhalten

In Lagern auf griechischen Inseln befinden sich derzeit 15.000 Migranten
Möglicher neuer Anziehungsfaktor für die Reise nach Europa. In Griechenland kommen wieder mehr Flüchtlinge an.

Neuankommende Asylwerber können nicht mehr auf griechischen Inseln festgehalten werden. Das erklärte am Mittwoch das oberste Verwaltungsgericht des Landes. Die Einschränkung der Bewegungsfreieheit könne demnach nicht mit einem öffentlichen Interesse oder der Einwanderungspolitik gerechtfertigt werden.

Das Verbot, zunächst nicht aufs Festland weiterreisen zu dürfen, gilt seit März 2016. Damals vereinbarte die EU mit der Türkei auch das Flüchtlingsabkommen, mit dem die gefährliche Seeroute nach Europa weitgehend geschlossen wurde. Im Gegenzug bekommt die Türkei mehrere Milliarden Euro. Damit sollen die Lebensbedingungen für syrische Flüchtlinge in der Türkei verbessert werden.

Möglicher neuer Pullfaktor

Auf den griechischen Inseln warten derzeit rund 15.000 Asylbewerber in fünf Aufnahmelagern auf ihr Verfahren. Den Behörden zufolge reicht die Kapazität eigentlich für die Hälfte. Sie dürfen auch in Zukunft nicht weiterreisen, doch neuankommende Asylwerber können nun nicht länger auf den Inseln festgehalten werden. Die Aussicht, künftig schnell aufs europäische Festland zu
gelangen, könnte Einwanderer nun wieder vermehrt zu der Überfahrt von der Türkei nach Griechenland ermutigen, befürchten EU-Vertreter. Zwar sind die Grenzen in Richtung Norden weiterhin geschlossen, doch es gibt immer noch die Möglichkeit, mit Schleppern über die Grenzen zu kommen.

Und tatsächlich. Seit Anfang des Jahres wurden in Griechenland 7145 Ankünfte von Flüchtlingen verzeichnet. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein starker Anstieg. Denn 2017 waren es insgesamt 30.000. Vermehrte Schleppertätigkeit wurde von der griechischen Polizei vor allem über den Landweg, beim Grenzfluss Evros zwischen der Türkei und Griechenland, wahrgenommen.

Schlepper versprechen den Flüchtlingen trotz der weitgehenden Schließung der sogenannten Balkanroute, sie über unbewachtes Gelände in den Norden des Balkans oder über die Adria nach Italien und danach nach Mitteleuropa zu bringen. Pro Kopf kassierten sie bis zu 1.500 Euro für die Überquerung des Grenzflusses und für die Weiterreise nach Westen, hieß es aus Polizeikreisen in Athen.

Vergangene Woche hatte die griechische Polizei mitgeteilt, dass innerhalb von vier Tagen mehr als 500 Menschen über den Evros nach Griechenland gekommen seien. Im März hatten die griechischen Behörden 1658 Menschen gezählt, die auf diesem Weg aus der Türkei kamen. Das bedeutet einen massiven Anstieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Im März 2017 waren es 262 Migranten.

Ende der Grenzkontrollen

Die EU-Kommission drängt unterdessen auf ein baldiges Ende der Grenzkontrollen. Er werde solchen Kontrollen "nicht für immer" zustimmen, sagte  Dimitris Avramopoulos den Zeitungen der Funke Mediengruppe am Donnerstag. „Wir müssen zügig zur normalen Funktionsweise des Schengen-Systems zurückkehren." Die Wiedereinführung dauerhafter Grenzkontrollen im Schengen-Raum wäre ein schwerer Rückschlag, betonte Avramopoulos. Es gehe um Reisefreiheit und das Gefühl, in der EU zusammenzugehören.

In der EU läuft die Suche nach einem gemeinsamen Asylsystem unterdessen erfolglos. Österreich und Deutschland beharren zudem auf der Verlängerung ihrer Grenzkontrollen. Eine Aussicht auf eine Einigung der EU-Sttaten in näherer Zukunft ist nicht in Sicht.

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