Grenzlockerungen: Ein bisschen Öffnung ist noch kein Urlaub
Die meistbesuchte touristische Attraktion in Europa ist Disneyland Paris. 15 Millionen Gäste zählte man im Vorjahr – und alles ließ die Betreiber des gigantischen Vergnügungsparks frohlocken, dass es heuer noch mehr würden.
Doch dann kam Corona, und wie ganz Frankreich wurde das Kinderparadies ab Mitte März in den Lockdown geordert. Aber wenn alles gut geht, sagte Frankreichs Staatssekretär für Tourismus, Jean-Baptiste Lemoyne, am Wochenende, "dann könnten die meisten Sehenswürdigkeiten des Landes am 21. Juni wieder aufsperren."
Und er versprach: "Je nach Entwicklung der Corona-Pandemie vielleicht auch schon früher." Erste Strände haben in Frankreich bereits am Wochenende geöffnet. Aber aus der kühlen Bretagne in den heißen Süden des Landes zu fahren, das wird Franzosen erst ab Juli gestattet sein. Sommerurlaub ja, aber Corona-bedingt unter eingeschränkten Umständen und am besten im eigenen Land – dieses Motto wird sich in der kommenden Urlaubssaison auf alle europäischen Länder anwenden lassen.
27 Millionen Jobs
Zugleich: Kein Land kann es wagen, auf die Umsätze der Tourismusbranche zu verzichten. Kroatien erwirtschaftet ein Viertel seiner jährlichen Wirtschaftsleistung im Fremdenverkehr.
Auf die ganze Europäische Union gesehen sind es zehn Prozent. 150 Milliarden Euro wurde im Vorjahr in der EU im Tourismus umgesetzt, 27 Millionen Jobs hängen an der Branche.
"In weiten Teilen Europas wird trotz der Pandemie in diesem Sommer Urlaub möglich sein", versichert deshalb Deutschlands Außenminister Heiko Maas. Aber wie?
Der erste, unverzichtbare Schritt dahin führt über die Wiederöffnung der Grenzen unter den europäischen Nachbarn. Zwischen Deutschland und Österreich steht fest: Ab 15. Juni heißt es – wahrscheinlich – wieder vollkommen freie Fahrt in beide Richtungen.
Keine schnellen Einkäufe
Bis dahin aber gibt es weiter stichprobenartige Kontrollen. Schnell mal über die Grenze zum Einkaufen nach Freilassung oder zum Sightseeing nach München ist nicht möglich. Rückkehrer nach Österreich müssten sich dann wieder in 14-tägige Quarantäne begeben – oder einen negativen Coronatest abliefern.
Wichtigster Orientierungspunkt für die Wiederaufnahme der Reisefreiheit ist neben Gesundheit und Sicherheit die Mobilität: Das Hauptaugenmerk liegt deshalb laut Außenministerium in Wien derzeit auf jenen Nachbarländern, die mit Zug und Auto gut zu erreichen sind und im Fall der Fälle wieder zu verlassen sind.
Besonders Bedacht nimmt man in Wien weiter auf die epidemiologische Lage der Nachbarn: Die Schweiz wurde in einem ersten Schritt bereits von einer Reisewarnung (Stufe 6) auf Sicherheitsstufe 4 heruntergestuft. Aber auch Stufe 4 heißt: Unnötige Reisen unterlassen, also kein Urlaub."Uns ist bewusst, dass die Reisefreiheit gerade wegen der Urlaubssaison sehr wichtig ist. Wir stehen deshalb in regelmäßigem Kontakt mit unseren europäischen Partnern", sagt Außenminister Alexander Schallenberg. "Klar ist aber auch, dass wir weiterhin sehr vorsichtig sein müssen um die positiven Entwicklungen, die wir uns in den letzten Wochen hart erarbeitet haben, nicht zu gefährden", versicherte der Minister nach einer Videokonferenz mit seinem deutschen Amtskollegen Maas.
Wer vorhatte, noch im Mai irgendein Nachbarland Österreichs für einen kurzen Urlaubsabstecher zu besuchen, sollte sein Auto in der Garage lassen: Es ist nicht möglich.
Slowenien zieht zurück
Selbst Slowenien, das am Wochenende noch das Ende aller Grenzschließungen verkündet hatte, zog am Montag wieder zurück. Freien Grenzverkehr gebe es nur mit Staaten mit entsprechenden bilateralen Abkommen, hieß es plötzlich – und mit Österreich gibt es ein solches nicht.
Denn in Wien beharrt man vorerst auf Kontrollen zu allen Nachbarstaaten. Und bis Ende Mai gilt auch: Wer einreist, muss in Quarantäne.
Mehr Klarheit, wann man wohin in Europa auf Urlaub reisen kann, wird sich erst ab Anfang oder Mitte Juni ergeben. Vielen Menschen könnte die Lage aber ohnehin zu unsicher erscheinen.
Für sie hat EU-Kommissar Didier Reynders einen Rat parat. Gegenüber dem Spiegel sagte er: "Es gibt ja auch noch Winterferien."
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