Golan-Mission: Nächtliche Schlacht um Grenzstadt

Golan 7.6.2013
KURIER-Redakteur Theuretsbacher berichtet nach dem Rückzug der syrischen Rebellen von einem Gefecht mit schweren Waffen.

Der Überfall von syrischen Rebellen auf eine Militärpolizeistation in Quneitra am Golan, der letztlich zur Entscheidung für den Rückzug der österreichischen Blauhelme aus Syrien geführt hat, war nur der Auftakt. Nachdem sich die Rebellen vorübergehend von dem besetzten Checkpoint zurückgezogen hatten, brachen sie Freitagfrüh eine Schlacht um die ganze Stadt vom Zaun.

Es ist ein Kampf um eine unbewohnte Ruinenlandschaft. Kein Mensch lebt mehr in der ehemals 47.000 Einwohner zählenden Stadt. Die Israelis hatten sie nach dem Yom-Kippur-Krieg wegen ihrer exponierten Lage an der Waffenstillstandslinie dem Erdboden gleichgemacht. Das Assad-Regime ließ sie in diesem Zustand als „Mahnmal“.

Der nördliche Teil steht unter Kontrolle des österreichischen UNO-Bataillons. Der südliche Teil wird von den Philippinos kontrolliert. In der Nacht zum Freitag sickerten Rebellen ein und verschanzten sich breitflächig in den Ruinen.

Die Assad-Armee startete in den Morgenstunden den Angriff. Der KURIER-Reporter wurde Augen- und Ohrenzeuge. Es begann mit Gewehrfeuer im österreichischen Abschnitt. Nachdem Rebellenstellungen aufgeklärt waren, folgte heftigstes Maschinengewehrfeuer der Assad-Soldaten.

Die ersten Brände brachen aus. Am nördlichen Stadtrand entstand ein Flächenbrand, der die angrenzende Anhöhe erfasste.

Detonationen

Die Kämpfe weiteten sich schließlich auf das ganze Stadtgebiet aus. Richtig laut mit ersten, schweren Detonationen wurde es gegen 6 Uhr 30 im Südabschnitt beim philippinischen Bataillon. Da begann sich ein schwerer Kampfpanzer der Assad-Armee auf eine höher gelegene Moschee und die umliegenden Häuser einzuschießen. Offenbar wurde dort ein Stellungsraum der Rebellen ausgemacht, den diese aber verbissen verteidigten. Dieser Kampfpanzer wurde später noch von einem weiter entfernten Kampfpanzer unterstützt. Etwa 15 Granaten wurden auf diese Stellung abgefeuert. Schließlich kam auch noch eine Maschinenkanone dazu – vermutlich eine Fliegerabwehrkanone, die zur Erdzielbekämpfung eingesetzt wurde. Bald stand auch das Areal um die Moschee in Flammen.

Zu Ende brachten den Angriff zwei Schützenpanzer, die in das brennende Areal vorstießen.

Gefechtspause

Gegen 9 Uhr flauten die Kämpfe ab. Es herrschte plötzlich gespenstische Stille, nur die Brände loderten weiter. Die Streitparteien dürften aber nur umgruppiert und Munition nachbeschafft haben. Denn gegen Mittag ging der Kampf weiter und dauerte bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe an.

Mitten im Geschehen befinden sich die UN-Positionen 27 und 22 mit insgesamt 43 Österreichern. Sie sind nach Auskunft eines Verbindungsoffiziers wohlauf. Sie haben sich in ihre Bunker zurückgezogen und die Beobachtertätigkeit eingestellt. Denn die UNO-Resolution, die den Einsatz regelt, scheint inzwischen nur mehr Makulatur. Das zeigt der Einsatz der schweren Waffen im Bereich des philippinischen Abschnittes. Nach dem Waffenstillstandsabkommen hätten die Syrer ihre Panzer nicht in die entmilitarisierte Zone bringen dürfen.

Treffer

Auf der israelischen Seite, die nur wenige Hundert Meter hinter dem Geschehen beginnt, ist man um Normalität bemüht. Bauern arbeiten vor der Lärmkulisse auf ihren Feldern. Soldaten lehnen an Übersichtsorten und beobachten gelangweilt die Tragödie in der Nachbarschaft – ähnlich wie Zuschauer auf einem schlecht gesicherten Schießstand. Denn Fehlschüsse und Querschläger gefährden auch die israelische Seite. Das UNO-Camp Ziouani, das auf israelischer Seite liegt, hat bisher etwa 30 irrtümliche Treffer abbekommen.

Aber auch bei den Feldlagern und Kasernen der israelischen Armee ist keine Nervosität zu bemerken. Wobei es aber angesichts der Stärke der israelischen Truppenpräsenz am Golan klar scheint, dass die Israelis jedes Übergreifen auf ihr Gebiet in kurzer Zeit unterbinden können.

Golan-Mission: Nächtliche Schlacht um Grenzstadt
Golan 7.6.2013

Am Donnerstag hat die österreichische Regierung den Abzug der österreichischen Blauhelme vom Golan angekündigt - in der Nacht auf Freitag hat die UNO reagiert: Am Freitag wird sich der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen bei einer Sondersitzung mit der dramatischen Situation auf den Golan-Höhen zwischen Syrien und Israel befassen. Die Sitzung wurde für 15 Uhr Ortszeit (21 Uhr mitteleuropäischer Zeit) am UN-Hauptsitz in New York einberufen. Dabei soll nach dem angekündigten Abzug Österreichs von der Blauhelmmission UNDOF nach einem Ersatz gesucht werden, sagte der britische UN-Botschafter Mark Lyall Grant.

Zuvor kam es erstmals direkt am Grenzposten bei der Stadt Quneitra an der Waffenstillstandslinie auf den Golan-Höhen zu heftigen Gefechten zwischen syrischen Rebellen und Regierungstruppen. Dem Regime gelang es dabei, den Grenzposten "Bravo-Gate" zurückzuerobern. Bei Beschuss aus Syrien wurden indes zwei nicht-österreichische UNDOF-Soldaten verletzt. Österreichs Regierung kündigte daraufhin den Abzug der Bundesheer-Soldaten an. Die Gefahr für die Soldaten sei zu groß geworden, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Die ersten Blauhelme sollten bereits am 11. Juni abgezogen werden, sagte Verteidigungsminister Gerhard Klug. Binnen vier Wochen sollen alle Soldaten wieder in Österreich sein.

In den vergangenen Monaten hatten bereits Japan und Kroatien ihre Soldaten abgezogen. Gegenwärtig stellen noch Indien und die Philippinen Truppen, doch auch die weitere Präsenz dieser Truppen ist fraglich.

UNO bedauert Österreichs Entscheidung

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon bedauerte die Entscheidung Österreichs. Ban sorge sich um die möglichen Konsequenzen des Rückzugs, sowohl auf den Friedenseinsatz als auch auf die Stabilität in der Region, sagte Bans Sprecher am Donnerstag in New York. "Österreich war offensichtlich ein entscheidender Teil der Mission. Der Rückzug wird ihre Handlungsfähigkeit beeinträchtigen."

Die USA forderten Österreich um mehr Bemühungen zur Koordinierung mit den Vereinten Nationen auf. "Wir haben die Österreicher darum gebeten, sich mit der UN über das Timing ihres Abzuges abzustimmen, damit die UN einen Ersatz für ihre Truppen finden kann", sagte die Sprecherin des US-Außenministerium, Jen Psaki, am Donnerstagabend in Washington.

Israel ist offenbar verärgert

Israel reagierte offiziell mit Bedauern. "Wir wissen den langjährigen Beitrag Österreichs und seine Verpflichtung zum Schutz des Friedens in Nahost zu schätzen. Gleichzeitig bedauern wir diese Entscheidung und hoffen, dass sie nicht zu einer weiteren Eskalation in der Region führen wird", sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Jerusalem.

Informell zeigte sich die israelische Regierung verärgert über den Abzug. "Das sendet eine sehr problematische Botschaft an die israelische Öffentlichkeit", zitierte der britische Guardian einen hochrangigen Offiziellen. "Der einzige Grund, warum man überhaupt jemanden dorthaben will, ist wegen schwieriger Zeiten. Das erste Mal in 40 Jahren ist es nicht so einfach, und die Präsenz endet?".

Der Rückzug von der Mission UNDOF zeige das Problem solcher Einsätze. "Das heißt, dass wir, wenn wir in Zukunft eine Lösung mit den Palästinensern finden, keine UNO-Friedenstruppen akzeptieren werden - weil sie beim ersten Anzeichen von Ärger verschwinden", wurde der Offizielle zitiert.

Auch Schweden zeigte sich enttäuscht von Österreich. Die Entscheidung zum Abzug sei "bedauerlich", twitterte der schwedische Außenminister Carl Bildt. Er habe jedoch vor einem Scheitern der Einigung auf ein EU-Waffenembargo gewarnt, schrieb Bildt am Rande der Bilderberg-Konferenz im britischen Watford.

Die EU-Staaten ließen Ende Mai ein Waffenembargo gegen Syrien auslaufen, nachdem Großbritannien und Frankreich darauf gedrängt hatten, um die Rebellen mit Waffen beliefern zu können. Österreich hatte hingegen gewarnt, weiteres Kriegsgerät in dem Konflikt gefährde die Blauhelme am Golan.

Klug verteidigt den Schritt

Verteidigungsminister Gerald Klug hat im Ö1-Morgenjournal auf die kritischen Stimmen reagiert – und den Abzug verteidigt. Sein Argument: In den letzten Wochen habe sich die Lage zugespitzt, seit Donnerstag sei sie „nicht mehr beherrschbar“. Es bestehe „große Wiederholungsgefahr“ für einen neuerlichen Angriff – dies sei definitiv keine Flucht, so der Minister.

Die Entscheidung, diesen Schritt in dieser Schnelle zu setzen, verteidigte er ebenso: Dies sei richtig gewesen – schließlich habe die UNO zwei bis vier Wochen Zeit, einen Ersatz zu suchen. Eine Einschätzung, ob und wie die Mission fortgeführt werden könne, wollte Klug nicht abgeben.

Lage bleibt kritisch

Die Lage am Golan blieb am Donnerstag angespannt. Israel beschwerte sich offiziell bei der UN-Truppe über das Eindringen syrischer Panzer in die Sicherheitszone, wie der Nachrichtenagentur dpa aus militärischen Kreisen bestätigt wurde. Laut einem Reporter der Nachrichtenagentur AFP verlagerte Israel als Reaktion Panzer in die Nähe des Golan.

Israel hatte die Golanhöhen im Sechstagekrieg 1967 von Syrien erobert und später annektiert. Beide Länder befinden sich offiziell im Kriegszustand. Ein Jahr nach dem Jom-Kippur-Krieg von 1973 wurde die Einrichtung einer Pufferzone unter UN-Kontrolle vereinbart. Dort dürfen sich eigentlich nur UN-Beobachtertruppen aufhalten. Allerdings wird das sowohl von Rebellen als auch durch das Regime oft ignoriert. UN-Soldaten wurden von regierungsfeindlichen Milizen sogar entführt.

40 Jahre war die Grenze am Golan ruhiger als alle anderen Grenzen Israels. Jetzt entwickelt sie sich zu einem unberechenbaren Unruheherd. Israel drängt darauf, dass die UNO weiter ihrer Verpflichtung nachkommt.

„Es geht nicht, dass die UNO nur dort Aufgaben erfüllt, wo keine Aufgaben zu erfüllen sind“, erklärte am Freitag der Sprecher des Außenministeriums in Jerusalem. Yigal Palmor betonte gegenüber dem KURIER dabei, dass diese Aufgabe jetzt wichtiger wird.

Die Waffenstillstandszone wird von Regierungstruppen wie Aufständischen verletzt. In Syrien gibt es für Beschwerden nur unklare Adressen. „Doch ist es die Aufgabe von UNDOF, nach New York zu berichten. Je unklarer die Verhältnisse in Syrien selbst sind, desto genauer muss die Welt wissen, was an der Grenze zu Israel passiert.“

Auch Israels Armeeführung ist enttäuscht über den Abzug der österreichischen Soldaten. „Sie sind professionell, gut ausgebildet und kannten sich nach Jahrzehnten in der Region wirklich gut aus.“ Für Israels Grenztruppen waren die Österreicher der direkte Draht zur anderen Seite. Ohne lange Amtswege können so vor Ort kleine Zwischenfälle beigelegt werden. Bevor sie durch Missverständnis in Grenzgeplänkel auswachsen.

„Wir sind gewohnt, dass unsere Aktionen in der Welt häufig als überzogen missverstanden werden. Mit den UN-Beobachtern wäre klarer, wer aggressiv und wer defensiv vorgeht“, erklärte ein israelischer Offizier auf eine KURIER-Anfrage.

Israels Medien diskutierten drohende Schreckensszenarien. Die Verstärkung der Sperranlagen am Golan wurde gefordert. Sie bestehen an einigen Stellen nur aus einem Drahtzaun. Wer immer die Oberhand in Syrien und längs der Grenze zum Golan behält, die Lage dort wird sich kaum beruhigen. Auch nicht unter wachsamen UN-Augen. Wie sagte doch ein israelischer TV-Kommentator: „Mehr als die UNO den Frieden bewahrt, bewahrt der Frieden die UNO.“

Mit ernsten Gesichtern gaben der Bundeskanzler, der Vizekanzler und der Verteidigungsminister Donnerstag um 17.30 Uhr in einer eilig einberufenen Pressekonferenz den Abzug der österreichischen Soldaten vom Golan offiziell bekannt. „Das Leben unserer Soldaten steht an oberster Stelle, ihre Sicherheit ist nicht mehr gewährleistet“, sagte Bundeskanzler Werner Faymann. „Ich sehe keinen anderen Weg als die Soldaten so rasch wie möglich nach Hause zu holen“, betonte Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger. „Der Abzug ist eine Zäsur in der Geschichte des Bundesheeres“, erklärte sichtlich betroffen Verteidigungsminister Gerald Klug.

Er skizzierte, wie die Heimkehr erfolgen soll: Am 11. Juni sollen 220 von 380 Soldaten über Israel ausgeflogen werden. Das Flugzeug wartet schon in Tel Aviv. „Sollte sich die Lage zuspitzen, kann der Abzug innerhalb weniger Stunden erfolgen“, kündigt e Klug an. Spätestens in vier Wochen sollen alle Soldaten zurück sein.

Dem gemeinsamen Beschluss gingen hektische Krisensitzungen voraus. Intern war Donnerstagmittag klar, dass es zum Abzug kommt.

Am Morgen gab es schwere Gefechte zwischen syrischen Rebellen und Assad-Truppen in der „entmilitarisierten“ Zone auf dem Golan. Beim Überfall der Rebellen auf eine Polizeistation in Quneitra und der Rückeroberung durch Regierungstruppen kamen auch österreichische Blauhelme unter Feuer (siehe Bericht S. 3). Israel erklärte die Region um den Grenzübergang am Golan umgehend zum Sperrgebiet.

Rückgrat der Mission

Spindelegger informierte zu Mittag UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon. „Er war nicht erfreut“, sagte Spindelegger. Ganz unvorbereitet traf es den UNO-Chef nicht, seit Ende des EU-Waffenembargos gegen Syrien Ende Mai stand ja bereits ein möglicher Abzug im Raum. „Österreich ist das Rückgrat der Mission“, stellte eine UNO-Sprecherin fest.

Auch Israel wurde vom Außenminister verständigt. Israel erwartet von der UNO die Erfüllung des Waffenstillstandes zwischen Israel und Syrien zu sichern. Faymann telefonierte mit der EU-Spitze, er betonte, dass Österreich sein internationales Friedensengagement „auf keinen Fall“ zurückfahren werde.

Wie es mit der UNO-Mission weitergehe, das sei jetzt „Aufgabe der UNO in New York“, sagte Spindelegger. Einen Ersatz für die österreichischen Blauhelme gebe es noch nicht. Spindelegger kritisierte die Respektlosigkeit der Syrer gegenüber der UNO. „Gerade bei einem leicht bewaffneten Einsatz wie auf dem Golan muss ein Minimum an Respekt für die dort tätigen Soldaten da sein.“

Wie stark der Oberbefehlshaber des Bundesheeres, Heinz Fischer, in das Krisenmanagement eingebunden war, ist nicht nachvollziehbar. Er hielt sich am Donnerstag in Klagenfurt auf. Für Verwirrung sorgte seine Aussage zu Mittag, er sei gegen einen „unnötigen vorzeitigen Abzug“. Zu diesem Zeitpunkt war der Abzug praktisch fix.

Die Aussagen des Bundespräsidenten in der APA wurden später als „irreführend“ revidiert: „Die eigentliche Aussage hat darin bestanden, dass ein Abzug erfolgen wird, wenn es nötig ist.“ Am späteren Nachmittag sprach Fischer von einer „richtigen Entscheidung“.

Die Opposition verlangte zuletzt vehement die Soldaten-Rückholaktion. Dass sie jetzt erfolgte, wird von ihr begrüßt – „das Verteidigungsministerium ist zur Vernunft gekommen“, ließen die Grünen verlauten, die FPÖ sieht ein „Ende der Realitätsverweigerung der Bundesregierung“. Mit dem Schritt der Regierung wird das Thema jedenfalls aus dem Wahlkampf herausgenommen – österreichische Opfer auf dem Golan hätten der Koalition einen heißen Sommer beschert. Dazu Bundeskanzler Faymann: „Die Sicherheit der Soldaten ist unabhängig von Wahlterminen.“

Der Grenzposten Quneitra

Im Rahmen der UNO-Mission UNDOF (United Nations Disengagement Observer Force), die auf dem Golan die Einhaltung des Waffenstillstands zwischen Syrien und Israel überwacht, sind rund 380 österreichische Blauhelme tätig. Ihr Einsatzgebiet liegt im Norden des Golans, Quneitra etwa in der Mitte zwischen Nord und Süd. Ein Abzug der österreichischen Soldaten aus Sicherheitsgründen wurde seit längerem diskutiert.

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Als "bedauerlich" und "nicht nachvollziehbar" hat der Militärexperte und frühere Leiter der Direktion für Sicherheitspolitik im Verteidigungsministerium, Erich Reiter, Österreichs Entscheidung zum Abzug der UNO-Soldaten vom Golan bezeichnet. "Österreich verzichtet damit auf den einzigen maßgeblichen Beitrag, den es zur Mitwirkung am Weltfrieden leistet", kritisierte Reiter im Gespräch mit der APA.

"Das zeigt wie hohl die österreichische Sicherheitspolitik ist - sobald es gefährlich wird, ziehen wir ab," konstatierte Reiter harsch. Aus militärisch-strategischer Sicht sei der Schritt "nicht notwendig" gewesen. Denn es sei nicht davon auszugehen, dass UNO-Soldaten direkt angegriffen würden, auch wenn sie von Kampfhandlungen betroffen sein könnten, so der Präsident des Internationalen Instituts für Liberale Politik (IILP).

Die Entscheidung zum Abzug der rund 380 Soldaten von der UNO-Mission auf den Golan-Höhen bedeutet angesichts der Truppenstärke, die Österreich stellte, nach Meinung des Sicherheitsexperten wahrscheinlich auch das Ende der UNO-Mission. "Sollte ein anderes Land für uns einspringen, sind wir blamiert," so Reiter.

Wenn die internationale Friedensarbeit letztlich danach beurteilt werde, ob die Situation gefährlich werden könne und nicht ob sie notwendig sei, zeige dies die "unrealistische Einstellung zur Aufgabe der Soldaten in Österreich". Hierzulande seien Soldaten nämlich "nicht dazu da, im Krieg zu sein, sondern um nach dem Hochwasser den Schlamm wegzuräumen," kritisierte Reiter. "Die Aufgabe von Soldaten ist immer gefährlich".

Es ist gerade einmal zehn Tage her, dass die Regierung noch keinen Grund sah, die österreichischen UN-Soldaten vom Golan abzuziehen. Nach Ende des EU-Waffenembargos gegen Syrien werde man, trotz vorheriger Abzugsdrohung, die Lage weiter beobachten und „tagesgleich“ entscheiden.

Am Freitag musste minutengleich entschieden werden: Syrische Rebellen hatten in der Pufferzone den Grenzposten Quneitra eingenommen, die syrische Armee begann wenig später mit der Rückeroberung. Und mitten im schweren Artilleriefeuer und Panzerbeschuss: die Österreicher, deren Versorgung nur noch über diesen Grenzposten erfolgt.

Der Beschluss, unsere 380 Blauhelme vom Golan abzuziehen, ist die logische Folge und richtig.

Denn der UNO-Mission ist schon seit geraumer Zeit jeder Boden entzogen. Fast vier Jahrzehnte haben die Soldaten ihren Auftrag, Syrien und Israel auseinanderzuhalten, erfolgreich erfüllt. Das größte Kontingent stellte dabei Österreich. Doch inzwischen ist die sogenannte entmilitarisierte Zone zum Schlachtfeld im syrischen Bürgerkrieg geworden – Rebellengruppen haben sich festgesetzt und liefern sich schwere Gefechte mit den Assad-Truppen. Die Blauhelme können, wenn sie nicht gerade vorübergehend entführt werden, nur den Kopf einziehen und zuschauen.

Sturmgewehre gegen Krieg

Wenn Spaßvögel jetzt meinen, dass Soldaten mit gutem Sold eben nicht nur bei schönem Wetter, sondern auch im Krieg die Stellung zu halten haben, dann dürfen sie sich mit diesem Vorwurf nicht an Österreich, sondern allenfalls an die UNO wenden. Die Blauhelme der friedenserhaltenden Mission sind zur Verteidigung mit kugelsicheren Westen und Sturmgewehren ausgerüstet. Ansonsten bleibt ihnen nur der Bunker.

Das Gegenteil der Feigheit ist wahr: Die Österreicher haben so lange wie möglich ausgehalten. Und auch die Kritik der heimischen Opposition und/oder der Boulevardmedien daran geht fehl: Mit dem österreichischen Kontingent stand und fällt nun vermutlich die gesamte UNO-Mission – deren Auftrag ja immer noch ist, Syrien und Israel zu separieren. Ihr Ende bedeutet eine dramatische Verschärfung der Lage: Israel hat schon mehrfach präventiv Ziele in Syrien angegriffen (Waffenlieferungen an die Hisbollah), das syrische Regime droht, auch wenn es gegenwärtig ganz andere Sorgen hat, immer lauter mit Vergeltung. Fällt der Puffer zwischen den beiden Staaten weg, dann ist eine Eskalation hochgradig wahrscheinlich bis unvermeidlich.

Die Verantwortung, das zu verhindern, hat Österreich so lange wie möglich getragen. Jetzt geht es nicht mehr, ohne zum Kanonenfutter zu werden. Der anlaufende heimische Wahlkampf hat die Entscheidung vielleicht erleichtert. Unvermeidlich war sie so und so. Jetzt müssen die österreichischen Blauhelme nur noch gut aus dem Krieg kommen.

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