Gibt es eine Chance für Verhandlungen im Ukraine-Krieg?
Prominent präsentierte Ideen für Gespräche zwischen Ukraine und Russland bleiben derzeit ungehört. Beide Seiten scheinen entschlossen, auf dem Schlachtfeld eine Entscheidung zu erzwingen.
Keine Reaktion ist auch eine Reaktion – und genau mit einer solchen musste sich der große alte Mann der Weltpolitik zufriedengeben. Beim Weltwirtschaftsforum im schweizerischen Davos hatte Henry Kissinger seine Ideen für einen Frieden in der Ukraine präsentiert.
Begeisterte Zustimmung, wütende Ablehnung: Der längst legendäre einstige Nationale Sicherheitsberater der USA hatte wohl mit allem gerechnet, nur nicht mit dem dröhnenden Schweigen, das er in Davos für seinen Friedensplan erntete. Ein Waffenstillstand genau an der Frontlinie, wie sie vor Putins Großangriff im Februar des Vorjahres verlaufen war, der müsse der Startpunkt für rasche politische Verhandlungen sein.
Mehr Waffen, rasch
Es gelte, „eine Eskalation zu verhindern“, warnte Kissinger in Davos, doch diese Eskalation steuern beide Kriegsparteien und auch ihre Unterstützer derzeit offensichtlich an.
Besonders deutlich macht das der wichtigste Verbündete der Ukraine, die USA. Als US-Präsident Joe Biden am Dienstag den niederländischen Premier Mark Rutte empfing, ging es in puncto Ukraine nur um eines: Mehr Waffen, und das so schnell wie möglich.
Verhandlungen waren den beiden Spitzenpolitikern nicht einmal eine Randbemerkung wert.
Kritik an Österreich
Dass von Verhandlungen, oder auch nur Gesprächsbereitschaft gegenüber Russland derzeit niemand im Westen etwas wissen will, musste auch Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg diese Woche erfahren.
Er hatte in Paris dafür plädiert, „Augenmaß gegenüber Russland“ zu wahren und nicht „über das Ziel hinauszuschießen“, und dafür heftige Kritik, nicht zuletzt vonseiten der Ukraine kassiert.
Gegenüber dem KURIER bleibt der Außenminister, wenn auch hörbar vorsichtig, auf seiner Linie: „Es muss allen klar sein, dass nachhaltiger dauerhafter Frieden schlussendlich wohl nur am Verhandlungstisch erreicht werden kann. Irgendwann muss die Diplomatie wieder Raum finden.“
Zugleich aber demonstriert auch Moskau, dass man derzeit kein Interesse an Diplomatie hat. Für Außenminister Sergej Lawrow sind die Vorstellungen der Ukraine nicht ernst zu nehmen – und ohnehin die USA für den Krieg verantwortlich.
Weitere Mobilisierung?
Präsident Putin selbst beschränkt sich bei öffentlichen Auftritten auf Durchhalteparolen, spricht von einem „sicheren Sieg“, der „unvermeidlich“ sei.
Westliche Militärexperten spekulieren auch über eine mögliche weitere Welle der Mobilisierung, durch die erneut Hunderttausende neue Soldaten an die Front gebracht werden sollen.
Beide Seiten sind laut westlichen Militärexperten derzeit mit der Vorbereitung neuer Offensiven beschäftigt. Unklar seien nur noch Ort und genauer Zeitpunkt für den Angriff. Für den stellvertretenden NATO-Generalsekretär Mircea Geoană denkt man im Kreml derzeit jedenfalls nicht an Frieden: „Putin bereitet sich auf einen langen Krieg vor.“
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