Gegen Orbán und Co.: Bürgermeister schließen "Pakt der Freien Städte"

Gergely Karacsony sprach von einem "historischen Sieg"
Die Bürgermeister von Budapest, Bratislava, Warschau und Prag schmieden ein Bündnis gegen Populismus. Besonders eine Forderung dürfte den nationalen Regierungen nicht gefallen.

Die Bürgermeister von Budapest, Bratislava, Prag und Warschau haben einen "Pakt der Freien Städte" geschlossen. Gemeinsam wollen sie sich gegen die nationalen Regierungen in Ungarn, der Slowakei, Tschechien und Polen stellen - als Symbol gegen Populismus und Korruption. Man verfolgt aber auch konkrete gemeinsame Ziele.

"Anti-Visegrád"

Die liberalen Bürgermeister kommen aus den vier Visegrád-Staaten. Die sogenannte Visegrád-Gruppe ist ein inoffizielles Bündnis der EU-Staaten Ungarn, Polen, Tschechien und Slowakei. Neben Kritik an der EU fallen Polen und Ungarn auch mit Aushöhlungsversuchen des Rechtsstaats auf. Der neue Städtebund kann als "Klein-Visegrád" oder "Anti-Visegrád" verstanden werden.

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Gergely Karácsony, Bürgermeister von Budapest.

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Zdenek Hrib, bei der Piratenpartei und Bürgermeister von Prag.

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Matúš Vallo, Bürgermeister von Bratislava.

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Rafał Trzaskowski, Bürgermeister von Warschau.

Die vier Stadtväter haben einige Gemeinsamkeiten: Sie sind relativ jung, stehen für eine liberale Politik und zeigen sich offen für grüne urbane Lösungen.

Erst im Oktober eroberte der grün-liberale Gergely Karácsony (44) das Rathaus von Budapest - ein nicht für möglich gehaltener Prestigesieg im Viktor-Orbán-Land Ungarn. In Bratislava ist der Architekt Matúš Vallo (42) am Ruder, der sich für mehr Öffis und Radwege sowie einen digitalen Echtzeit-Fahrplan einsetzt. In Prag wiederum regiert mit Zdenek Hrib (38) der einzige Bürgermeister einer großen europäischen Stadt von der Piratenpartei, und in Polen versetzte der Liberale Rafał Trzaskowski (47) bei den Warschauer Kommunalwahlen vor einem Jahr der rechtskonservativen PiS in ihren Autoritätsbestrebungen einen Rückschlag.

Gegen Orbán und Co.: Bürgermeister schließen "Pakt der Freien Städte"

Demonstrantinnen in Bratislava nach dem Mord am Journalisten Jan Kuciak.

"Kein monolithischer Block"

Doch wie weit können die Städte im Widerstreit mit den nationalen Regierungen Politik machen? "Diese Hauptstädte haben ein hohes Maß an Unabhängigkeit", sagt Osteuropa-Experte Paul Lendvai zum KURIER, "aber die zentralen Regierungen haben natürlich die Möglichkeit, sehr störende Akteure zu disziplinieren, weil die nationalen Parlamente die Steuern und andere Themen bestimmen."

Wichtig sei zu verstehen: Die Visegrád-Staaten sind "kein monolithischer Block", das zeige zum Beispiel die Russland-Frage. Ungarns Premier Orbán sei einer der engsten Verbündeten Moskaus, während Polens Verhältnis zu Russland von Angst geprägt sei, sagt Lendvai.

In Ungarn probt der oppositionelle Bürgermeister Karácsony gerade den Aufstand gegen Orbán. Er will dem Bau eines Stadions für die Leichtathletik-WM 2023 in Budapest nur zustimmen, wenn die Orbán-Regierung fünf Forderungen erfüllt, darunter bessere Gesundheitseinrichtungen, Investitionen in den Nahverkehr und transparente Ausschreibungen und Verträge bei der Errichtung der Sportstätte.

Förderungen in Eigenregie

Was die vier Bürgermeister gemeinsam erreichen wollen: zusätzliche EU-Fördergelder aus Brüssel, die direkt an die Hauptstädte - und damit an den nationalen Regierungen vorbei - fließen sollen. Den Zentralregierungen dürfte dies nicht gefallen.

Der Warschauer Bürgermeister Trzaskowski sagte kürzlich über den neuen Bund der "Freien Städte": "Der Pakt ist ein Symbol, aber es geht auch um konkrete Lösungen, die wir umsetzen wollen." Über die Idee der direkten EU-Gelder an die Städte habe er in Brüssel "mit der EU-Kommission und mit Spitzenpolitikern gesprochen", es sei "machbar".

Am Montag hieß es bei der offiziellen Unterzeichnung des Pakts in Budapest, man wolle den Bürgern ein besseres Regierungsmodell aufzeigen. Auch andere Städte könnten sich bei gemeinsamen Werten und sachpolitischen Zielen der Zusammenarbeit anschließen, steht in dem Papier.

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Paul Lendvai.

"Jede Zusammenarbeit von urbanen Zentren und ihren progressiven Bürgermeistern ist zu begrüßen, vor allem, wo die Macht in anderen Händen ist", sagt Lendvai. "Die praktische Bedeutung muss noch bewiesen werden."

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