Denn in Abwasserproben wurde das ansteckende Virus gefunden, das zu Kinderlähmung führen kann. Der Erreger wird in der Regel über Fäkalien infizierter Personen verbreitet und über verunreinigtes Wasser oder Lebensmittel aufgenommen.
Und bei der völlig zerstörten Infrastruktur samt katastrophaler hygienischer Bedingungen in den Flüchtlingslagern beziehungsweise provisorischen Unterkünften hat das Virus leichtes Spiel. Ein Vertreter der WHO zeigte sich "extrem besorgt".
Epidemie könnte auch Israel treffen
Israel hat nun begonnen, seine Soldaten zu impfen. Namhafte Gesundheitsexperten im Land sprechen sich für eine sofortige Feuerpause aus, um eine unkontrollierte Ausbreitung einzudämmen, die auch Auswirkungen auf Israel haben könnte.
Doch von einer Waffenruhe ist man im Gazastreifen weit entfernt. Bei einem Vorstoß israelischer Soldaten in Chan Junis im Süden wurden nach palästinensischen Angaben mindestens 71 Menschen getötet, darunter auch Frauen und Kinder. Mehr als 200 Personen sollen Verletzungen erlitten haben. Die Angaben können freilich nicht unabhängig überprüft werden.
Vor dem Angriff soll die israelische Armee die Menschen im Ostteil der Stadt aufgefordert haben, das Gebiet unverzüglich zu verlassen. Dann griff sie mit Flugzeugen und Panzern an. Mehrere Hamas-Kämpfer, die neuerlich in Chan Junis eingesickert sein sollen, sollen dabei getötet worden sein. Auch diese Angaben ließen sich nicht überprüfen.
Auslöser des Krieges war der Überfall der Hamas am 7. Oktober des Vorjahres. Dabei wurden 1.200 Israelis getötet. An die 250 Menschen wurden in den Gazastreifen entführt.
Etwa die Hälfte kam während einer einwöchigen Feuerpause im vergangenen November frei, im Juni dieses Jahres konnten vier weitere in einer spektakulären Befreiungsoperation aus den Fängen der Miliz gerettet werden. Rund 100 Geiseln sollen sich, so Schätzungen in Israel, noch lebend im Gazastreifen aufhalten.
Für deren Freilassung kommt es in Israel immer wieder zu Demonstrationen – oft in Verbindung mit der Forderung nach Verhandlungen und einer Feuerpause. Doch das lehnt die rechtsnationale Regierung und Premier Benjamin Netanjahu ab.
Und so geht das Sterben weiter. Laut der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW), die sich auf Zahlen des Gesundheitsministeriums in Gaza beruft, wurden bereits an die 40.000 Menschen in dem Krieg getötet, rund 90.000 sollen verletzt worden sein.
Unterernährung und OP ohne Betäubungsmittel
Laut Weltgesundheitsorganisation WHO sind zwischen 12 und 16,5 Prozent der Kinder unter fünf Jahren im Gazastreifen akut unterernährt. Vor den Ereignissen vom 7. Oktober waren es weniger als ein Prozent.
Hilferufe aus den teils zerstörten Spitälern, in denen es an allem mangelt, verhallen meist ungehört. Die Mediziner dort operieren unter unvorstellbaren Bedingungen: oft nur mit einer Taschenlampe als Lichtquelle und ohne Betäubungsmittel.
Trotzdem gibt es immer wieder von kleinen Wundern zu berichten. So retten Mediziner jüngst das Leben eines Ungeborenen. Seine hochschwangere Mutter wurde bei einem Angriff getötet, nach einer Not-OP erblickte das Baby das Licht der Welt.
Kommentare