Nach Druck aus China: EU-Botschafter kürzen Gastbeitrag

Nach Druck aus China: EU-Botschafter kürzen Gastbeitrag
Zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen wird publik, wie die EU sich vom Druck Chinas beeinflussen ließ.

Es sind nicht einmal zwei Wochen vergangen und die Europäische Union muss sich schon wieder vorwerfen lassen, sich auf Druck Chinas selbst zensiert zu haben.

In einem Gastbeitrag des Botschafters der EU in China, Nicolas Chapuis, und der 27 EU-Botschafter in der staatlichen Tageszeitung China Daily wurde offenbar ein Teil weggelassen, der Peking nicht gefallen hat, berichtet die Süddeutsche Zeitung.

Der offene Brief der EU-Botschafter zum 45. Jahrestag der diplomatischen Beziehungen zwischen der EU und China sollte eigentlich ein Appell sein, weiterhin gut im Kampf gegen das Coronavirus zu kooperieren. Gewählt wurde dafür China Daily, bekannt als Veröffentlichungsorgan des kommunistischen Regimes.

Doch wie schon vor zwei Wochen in einem Bericht über Desinformation in Zeiten von Corona soll sich der Europäische Auswärtige Dienst auch diesmal der Zensur aus Peking gebeugt haben.

Keine Spur nach China

Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, soll jene Passage gestrichen worden sein, die den Ursprung des Virus in China ausmacht. Von einem „Halbsatz“ ist die Rede, der scheinbar nebenbei erwähnt, dass sich das Virus von China aus „in den vergangenen drei Monaten im Rest der Welt verbreitet“ habe.

Eine außenpolitische Sprecherin der EU bestätigte dem KURIER am Donnerstag, dass der Brief „nicht zur Gänze“ abgedruckt worden sei. „Wir bedauern das.“ Die EU-Delegation in China sei informiert worden, dass die Veröffentlichung nur mit dem Einverständnis des chinesischen Außenministeriums durchgeführt werden könne.

Man habe die Bedenken dem Minister mitgeteilt, aber dennoch – „unter erheblichem Widerwillen“ – entschieden, den Artikel zu veröffentlichen, weil er wichtige Messages über Maßnahmen der EU beinhalte, wie etwa Klimawandel und Nachhaltigkeit, Menschenrechte, Multilateralismus und die globale Bekämpfung des Coronavirus, so die Sprecherin gegenüber dem KURIER.

Unzensiert veröffentlicht

Die US-Zeitung Politico zitiert unterdessen einen anonymen EU-Diplomaten, der die Wichtigkeit des Gastbeitrags generell anzweifelt, da die meisten Chinesen ohnehin keine englischsprachigen Zeitungen lesen würden. Im Vergleich zu dieser „Peinlichkeit“ wäre es günstiger gewesen, „Stellung zu beziehen und das zu verteidigen, wofür man steht“.

Wie die Zeitung weiter breichtet, seien nicht alle der 27 Botschaften informiert gewesen, dass Änderungen im vereinbarten Text vorgenommen werden sollten. So veröffentlichte etwa die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland den ungekürzten Text.

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