Frauke Petry kündigt Austritt aus AfD an

"Klar ist, dass dieser Schritt erfolgen wird." Die Frage, ob sie eine neue Partei gründen wolle, ließ Petry unbeantwortet. Gauland und Weidel nun Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion.

Die rechtspopulistische AfD verliert in Deutschland zwei ihrer prominentesten Gesichter. Parteichefin Frauke Petry kündigte am Dienstag den Austritt aus der Partei an. Auch ihr Ehemann, der Partei- und Fraktionschef in Nordrhein-Westfalen, Marcus Pretzell, will die AfD und ihre Landtagsfraktion verlassen. Beide ziehen damit die Konsequenzen aus einem eskalierenden Richtungsstreit in der AfD. Als Grund wurden grundsätzliche Meinungsunterschiede mit Teilen der Partei genannt, die ihnen eine Fortführung der Arbeit in der Fraktion unmöglich machten.

Gauland und Weidel an der Spitze

Die AfD-Spitzenkandidaten Alexander Gauland und Alice Weidel sind am späten Nachmittag zu den Vorsitzenden der Bundestagsfraktion der rechtspopulistischen deutschen Partei gewählt worden. Bei der konstituierenden Sitzung der ersten Bundestagsfraktion der AfD stimmten in Berlin 86 Prozent für das Spitzenduo, teilte Weidel mit.

Petry, die bei der Bundestagswahl ein Direktmandat errang, hatte bereits am Montag erklärt, nicht der neuen Bundestagsfraktion angehören zu wollen. Am Dienstag trafen sich die neuen AfD-Abgeordneten in Berlin zur konstituierenden Sitzung - ohne Petry.

Frauke Petry kündigt Austritt aus AfD an
ABD0041_20170926 - Der Landes- und Fraktionschef der AfD in Nordrhein-Westfalen, Marcus Pretzell, verlässt am 26.09.2017 in Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen) die Fraktionssitzung im Landtag. Pretzell will die Partei verlassen. Das erkärte Pretzell in Düsseldorf. Foto: Federico Gambarini/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Auf die Frage, ob er mit weiteren "Abtrünnigen" rechne, sagte Spitzenkandidat Alexander Gauland vor Sitzungsbeginn: "Ich hoffe nicht." Alice Weidel, die im Wahlkampf gemeinsam mit ihm das AfD-Spitzenteam gebildet hatte, sagte, bisher seien keine entsprechenden Tendenzen erkennbar.

Petry erklärte zeitgleich in Dresden, dass sie die Partei den Rücken kehren wolle, ohne einen Zeitpunkt zu nennen. "Klar ist, dass auf Dauer dieser Schritt wohl auch erfolgen wird", sagte sie. "Aber wann er erfolgt, das möchten wir uns selbst vorbehalten."

Pretzell ist "pessimistisch"

In Nordrhein-Westfalen kündigte Pretzell für die nächste Fraktionssitzung an, Partei und Fraktion verlassen zu wollen, wie AfD-Fraktionssprecher Michael Schwarzer in Düsseldorf sagte. Pretzell wolle sein Mandat im Landtag aber behalten. Er habe seine Ankündigung mit seiner "pessimistischen Einschätzung über den Zustand der Partei" begründet.

Der AfD-Kreisverband Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, in dem sie das Direktmandat für den Bundestag gewonnen hatte, sieht sich um das Mandat betrogen und wirft Petry parteischädigendes Verhalten vor.

Parteigründung ungewiss

Die Frage, ob sie eine neue Partei gründen wolle, ließ Petry am Dienstag unbeantwortet. Die promovierte Chemikerin kam 2013 ohne politische Erfahrungen zur Alternative für Deutschland. Sie wurde neben Bernd Lucke und Konrad Adam eine von drei Sprechern des Bundesvorstandes.

Als Lucke wegen des zunehmend nationalkonservativen Kurses der Partei im Juli 2015 nicht wiedergewählt wurde, wählte ein Parteitag Petry und Jörg Meuthen zu Parteichefs. In den vergangenen Monaten war Petry zunehmend isoliert.

Frauke Petry kündigt Austritt aus AfD an
Verlassen die AfD: Frauke Petry, und ihr Ehemann Marcus Pretzell
Seit Herbst 2014 führt Petry die AfD-Fraktion im sächsischen Landtag. Diese Funktion hat sie zusammen mit dem Parlamentarischen Geschäftsführer Uwe Wurlitzer und der stellvertretende Fraktionsvorsitzenden Kirsten Muster bereits niedergelegt.

Mit Pretzell ist Petry seit Ende 2016 verheiratet. Im Sommer brachte Petry ihr fünftes Kind zur Welt. Aus erster Ehe mit einem evangelischen Pfarrer hat sie vier Kinder.

Frauke Petry kündigt Austritt aus AfD an
A screen displays the logo the Hard-Right Alternative for Germany (AfD) party, prior a first meeting of the AfD's parliamentary group at the Marie-Elisabeth-Lueders-Haus parliamentary building in Berlin on September 26, 2017, two days after general elections. / AFP PHOTO / John MACDOUGALL
Nach ihrer Wahl in den Bundestag hatte Petry bereits am Montag in Berlin mitgeteilt,auch dort nicht der AfD-Fraktion angehören zu wollenund

Die 42-Jährige hatte bei der Bundestagswahl am Sonntag ein Direktmandat in Sachsen gewonnen.

Weidel hatte daraufhin Petry aufgefordert, den Parteivorsitz niederzulegen und die AfD zu verlassen. AfD-Vorstandsmitglied Andre Poggenburg sagte, nur so könne Petry "einem Antrag auf Parteiausschluss zuvorkommen". Auch der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen legte ihr den Austritt aus der Partei nahe.

"Ich habe dafür überhaupt kein Verständnis"

Frauke Petry kündigt Austritt aus AfD an
Alice Weidel, top candidate of the right-wing populist Alternative for Germany (AfD) party, arrives at the first meeting of the AfD's parliamentary group at the Marie-Elisabeth-Lueders-Haus parliamentary building in Berlin on September 26, 2017, two days after general elections. / AFP PHOTO / John MACDOUGALL
Alice Weidel(Bild), die im Wahlkampf gemeinsam mit ihm das AfD-Spitzenteam gebildet hatte, sagte zum Abgang Petrys: "Ich habe dafür überhaupt kein Verständnis." Petry hatte ihren Schritt damit begründet, dass Gauland und Weidel die AfD auf eine Fundamentalopposition festlegen wollten. Sie dagegen wolle "Realpolitik" betreiben und die AfD bis 2021 regierungsfähig machen.
Gauland(Bild) sagte auf die Frage, wie die AfD nach den lauten und oft aggressiven Wahlkampftönen im Parlament auftreten werde: "Der Wahlkampf ist zu Ende, wir wissen, dass wir eine große Verantwortung haben." Der AfD-Parteivize fügte hinzu: "Natürlich ist die Sprache im Wahlkampf eine andere als im Parlament."

Zunächst will Petry als fraktionslose Abgeordnete im Bundestag arbeiten. Ob sie die Gründung einer eigenen Fraktion oder Parlamentariergruppe anstrebt, hatte sie am Montag nicht gesagt.

Die Frage, wer den Fraktionsvorsitz übernimmt, soll spätestens am Mittwoch geklärt werden. Gauland und Weidel hatten durchblicken lassen, dass sie diese Aufgabe gerne gemeinsam übernehmen würden.

Die AfD hatte bei der Bundestagswahl am Sonntag 12,6 Prozent der Stimmen erhalten. Ihr fallen damit 94 Mandate zu.

Kommentare