Pressestimmen zur Frankreich-Wahl: "Eine der größten politischen Sensationen"
Der Ausgang der zweiten Runde der Parlamentswahlen in Frankreich hat im In- und Ausland für große Überraschung, aber auch für breite Erleichterung gesorgt. Schließlich war der vorhergesagte Wahlsieg des rechtsextremen Rassemblement National nicht eingetreten, die Partei rutschte nur auf Platz drei ab. Stattdessen siegte das Linksbündnis "Neue Volksfront".
Erste öffentlichkeitswirksame Reaktionen gab es aus den Reihen der französischen Fußball-Nationalmannschaft. "Es lebe die Vielfalt, es lebe die Republik, es lebe Frankreich", jubelte etwa Stürmerstar Marcus Thuram auf Instagram. Mitspieler Aurelién Tchouameni schrieb schlicht: "Der Sieg des Volkes".
Jubel und Erleichterung setzten sich am Montag auch in der internationalen Presse fort. Eine Auswahl:
Frankfurter Allgemeine Zeitung (Deutschland): "Die Krise ist nicht vorbei - im Gegenteil"
Das französische Volk hat gesprochen. Und die Erleichterung, dass der befürchtete Durchmarsch von Le Pens Rassemblement National in die Pariser Machtzentren vorerst gestoppt wurde, ist groß. Doch die Lage ist alles andere als rosig.
Was genau die Regierungsbildung bringen wird, muss sich erst noch zeigen. Doch Frankreich droht auf absehbare Zeit von wackeligen Koalitionen geführt zu werden, die von den extremen Rändern abhängen und die jeder Zeit zu Fall gebracht werden können.
Spiegel (Deutschland): "Die republikanische Front wackelt, aber sie hält"
Frankreich droht eine politische Blockade. Und die Wählerinnen und Wähler müssen sich darauf einstellen, dass keine Partei und kein Bündnis stark genug ist, um ihr Programm wie versprochen umzusetzen. (...)
Das starke Abschneiden des linken Wahlbündnisses wurde unter anderem möglich, weil Kandidaten aus Macrons Bündnis darauf verzichtet haben, in der Stichwahl anzutreten. Dieses Prinzip des Für-das-kleinere-Übel-Stimmens sorgt in Frankreich seit Jahren für Unmut. (...)
Entscheidend wird nun sein, ob es den nicht-radikalen Kräften gelingen wird, bis 2027 ein überzeugendes Angebot für die Wähler zu entwickeln. 2027 steht in Frankreich die nächste Präsidentschaftswahl an. Macron darf nicht noch einmal antreten. Marine Le Pen hingegen arbeitet seit mehr als sieben Jahren auf ihren Einzug in den Élyséepalast hin. Es ist ein Ziel, dem sie bislang mit jeder Wahl näher kommt.
El País (Spanien): "Die republikanische Front hat 'Nein' gesagt"
Die Parlamentswahlen an diesem Sonntag haben gezeigt, dass der "Cordon Sanitaire" gegen die extreme Rechte nicht nur funktioniert, sondern sogar in beide Richtungen des ideologischen Spektrums - links, bei den unerwarteten Wahlsiegern, und rechts der Mitte, bei Macrons Bewegung.
Frankreich hat nein gesagt zu den Ultra-Rechten und die Einigkeit der Demokraten belohnt. Eine Lehre für Euopa in Zeiten, in denen die gemäßigte Rechte sich in vielen Fällen lieber ultranationalistischen und fremdenfeindlichen Parteien angeschlossen hat. Frankreich weist den Weg.
New York Times (USA): "Ein Tag voller Überraschungen in Frankreich"
Die linke Koalition geht als führender politischer Block des Landes aus der Wahl hervor. Präsident Emmanuel Macron verbrachte die letzten sieben Jahre damit, die Linke als politisch tot und ihre größte Partei "Unbeugsames Frankreich" als gefährliche Unruhestifter zu proklamieren. Beide haben am Sonntag große Siege eingefahren.
Es ist immer noch zu früh, um zu sagen, wie sich das Wahlverhalten zwischen beiden Wahldurchgängen verändert hat. Aber die Strategie, den Wahlsieg der extremen Rechten durch die Bildung einer "republikanischen Front" zu verhindern, scheinen eine große Rolle gespielt zu haben. (...)
Dennoch errang der Rassemblent National 142 Sitze - mehr als je zuvor in ihrer Geschichte, wie die Partei nicht müde wurde, zu betonen.
Washington Post (USA): "Eine der größten politischen Sensationen der jüngeren Geschichte"
Frankreichs linksaußen-Bündnis "Neue Volksfront" und die Mitte-Koalition um Präsident Emmanuel Macron vereitelten den vorausgesagten Sieg der Rechtsextremen in einem der größten politischen Sensationen der jüngeren französischen Geschichte.
Das Ergebnis ist eine gewaltige Niederlage für Marine Le Pens populistischen, migrationsfeindlichen Rassemblement National, der gehofft hatte, am Sonntag endlich den Schritt von einer neofaschistischen Gruppierung am politischen Rand zu einer Regierungspartei zu machen.
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