Frankreich-Wahl: Macrons zweite Amtszeit steht noch nicht fest

FILE PHOTO: French President Emmanuel Macron is welcomed by officials as he arrives for an election campaign appearance in Fouras, France
Marine Le Pen holt laut Umfragen auf, auch weil der ultra-rechte Éric Zemmour sie im Vergleich moderat erscheinen lässt.

von Simone Weiler aus Paris

Es war ein echter Macron-Auftritt. Smart, mitreißend, selbstbewusst. Mehr als zwei Stunden lang ging er am Samstag auf der Bühne der „La Défense Arena“ im gleichnamigen Geschäftsviertel bei Paris auf und ab. Vor 30.000 Anhängern zählte Macron auf, was er in den vergangenen fünf Jahren als Präsident geschafft habe – und was er im Fall seiner Wiederwahl noch erreichen will.

„Trotz der Krisen haben wir nie aufgegeben und unsere Versprechen gehalten“, rief der amtierende Präsident. Die Arbeitslosigkeit sei auf dem niedrigsten Stand seit 15 Jahren, er habe die Sozialabgaben gesenkt und den gesetzlichen Vaterschaftsurlaub von 14 auf 28 Tage verdoppelt. Er wolle noch mehr für die Geschlechtergleichheit tun, tausende Stellen bei Justiz und Polizei schaffen sowie den Schulunterricht verbessern.

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Emmanuel Macron vor knapp 30.000 Anhängern in der "La Défense Arena" im gleichnamigen Pariser Geschäftsviertel.

Es handelte sich um Macrons einzige große Kundgebung vor der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahl am nächsten Samstag. In den Umfragen führt der 44-Jährige weiterhin mit 28,5 Prozent, das wären 4,5 Punkte mehr als 2017. Aufgrund des Krieges in der Ukraine konnte sich der Staatschef kaum dem Wahlkampf widmen. Außerdem erscheint er ja als klarer Favorit.

Le Pen holte zuletzt auf

Doch in den vergangenen Tagen kamen Zweifel auf. Denn auch Macrons größte Konkurrentin, die Rechtspopulistin Marine Le Pen, hat zuletzt auf 22 Prozent zugelegt. Dahinter folgt der Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon mit 15 Prozent. In der Stichwahl gegen Macron werden bis zu 47,5 Prozent für Le Pen vorausgesagt – gegenüber 34 Prozent vor fünf Jahren.

„Natürlich kann Marine Le Pen gewinnen“, sagte Macrons ehemaliger Premierminister Édouard Philippe, der den Präsidenten unterstützt. Ihr nutze die Kandidatur des ultrarechten Éric Zemmour, der inzwischen auf 9,5 Prozent abfiel, denn dessen Radikalität mildere ihr Image ab.

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Beide gelten als rechtsextrem, doch die deutlich härtere Linie von Éric Zemmour (rechts) lässt Marine Le Pens Postitionen im Vergleich moderat erscheinen - das bescherte ihr zuletzt Aufwind.

Anders als Zemmour sprach sie sich sofort für die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge aus. Während er Islam und Islamismus gleichsetzt, sagt sie, sie habe kein generelles Problem mit Muslimen. Vor allem aber setzt sie auf das Thema Kaufkraft, für viele die Hauptsorge Nummer eins. Im Kern ähneln sich ihre Programme sehr. Beide fordern einen Einwanderungsstopp und suchen die Konfrontation mit der EU: So solle nationales vor europäischem Recht gelten, Ungarn dient hier als Vorbild.

Le Pen trage einen „Tarnumhang der Banalität“, aber sie bleibe eine Rechtsextreme, sagte der Macron-Vertraute Christophe Castaner, in der Nationalversammlung. Man müsse sie als Gegnerin ernst nehmen.

Geringe Wahlbeteiligung

Solche Aussagen werden auch als Versuche gewertet, Macron-Wähler zu mobilisieren. Denn laut Umfragen könnten bis zu 30 Prozent der Wahl fernbleiben – das wäre Negativrekord. Macron selbst hat gegenüber Vertrauten zugegeben, es sei gefährlich, mit verhältnismäßig wenigen Stimmen gewählt zu werden. Manche befürchten sogar, dass seine Wiederwahl so sicher nicht ist.

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