Wie der Ukraine-Krieg die Präsidentschaftskandidatur Macrons stärkt

Wie der Ukraine-Krieg die Präsidentschaftskandidatur Macrons stärkt
Angesichts des Kriegs in der Ukraine führt der französische Präsident einen stark abgespeckten Wahlkampf. Und kann darauf zählen, dass sich die Franzosen hinter ihn scharen.

aus Paris Simone Weiler

Es war eine Frage einer Journalistin der Satiresendung Quotidien, die Emmanuel Macron offenbar überraschte. Was habe er eigentlich vor, falls er nicht wiedergewählt werde?, wollte die Frau während der Pressekonferenz zur Vorstellung seines Wahlprogramms vom amtierenden französischen Präsidenten wissen: „Hören Sie, es ist keine Eitelkeit zu sagen, dass ich mir die Frage in meinem Innersten nicht wirklich gestellt habe“, erwiderte Macron.

Mit Blick auf die Umfragen scheint dies auch nicht unbedingt notwendig. Dort erreichte er zuletzt bis zu 30 Prozent in der ersten Runde am 10. April. Wer von seinen Konkurrenten es auch in die Stichwahl am 24. April schafft, er dürfte nach aktuellem Stand der Dinge klar siegen.

Wie der Ukraine-Krieg die Präsidentschaftskandidatur Macrons stärkt

Marine Le Pen ist mit 17,5 Prozent in den Umfragen weit abgeschlagen

Momentan erscheint die Rechtspopulisten Marine Le Pen mit 17,5 Prozent am besten platziert, vor dem Linkspopulisten Jean-Luc Mélenchon mit 14, dem Ultrarechten Éric Zemmour mit 11,5 und der Republikanerin Valérie Pécresse mit zehn Prozent.

Macron kommt die Rolle des absoluten Favoriten zu, ohne aktiv Wahlkampf geführt zu haben. Die Ankündigung seiner Kandidatur hatte er bis zuletzt hinausgezögert, um sich ganz der Bekämpfung der Corona-Pandemie und der Lage in der Ukraine widmen zu können. In diesem Halbjahr hat er auch die turnusmäßige EU-Ratspräsidentschaft inne.

Der Präsident, so sagte es ein Berater im Élysée-Palast, könne doch schwerlich „morgens mit Wladimir Putin telefonieren und abends Wahlkampf betreiben“. Voraussichtlich wird es bei einer Großkundgebung kommenden Samstag in Paris bleiben.

Wie der Ukraine-Krieg die Präsidentschaftskandidatur Macrons stärkt

Dabei gibt es in Frankreich viele, die den Ex-Banker und ehemaligen Wirtschaftsminister unter François Hollande als arrogant und „neoliberal“ heftig ablehnen, weil er eine unternehmerfreundliche Politik führt. Nun kündigte er an, das Rentenalter von 62 auf 65 erhöhen und die soziale Grundsicherung für unter 25-Jährige an Bedingungen knüpfen zu wollen. Eigentlich keine populären Maßnahmen.

Doch Frédéric Dabi vom französischen Meinungsforschungsinstitut Ifop spricht von einem „Flaggen-Effekt“: In Kriegs- und Krisenzeiten sammelt der Präsident, der in Frankreich auch der Armeechef ist, die verunsicherte Bevölkerung hinter sich, die weniger auf Wechsel aus ist. Hinzu kommt, dass sich Macron mit seiner oft wiederholten Forderung nach einem unabhängigeren und souveränen Europa, ob bei der Verteidigung oder der Energieversorgung, bestätigt fühlen kann.

Seine stärksten Herausforderer von Le Pen und Zemmour bis Mélenchon waren bis vor kurzem glühende Putin-Fans. Zwar beeilten sich alle, den russischen Einmarsch in die Ukraine zu verurteilen; unter Rechtfertigungsdruck standen sie trotzdem.

Mit Putin sprechen

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Andere Wortwahl als Biden, um mit Putin im Gespräch zu bleiben

Macrons Krisenmanagement und sein Versuch, den Dialog mit dem russischen Präsidenten aufrecht zu erhalten, bringen ihm Zustimmung. Nachdem US-Präsident Joe Biden Putin unter anderem als „Schlächter“ und „Kriegsverbrecher“ bezeichnet hatte, warnte der französische Staatschef vor einer „Eskalation der Worte und Taten“. Er werde weiter mit Putin sprechen, unter anderem über eine Evakuierungsaktion Mariupol. „Wir wollen den Krieg beenden, den Russland in der Ukraine begonnen hat, ohne selbst Krieg zu führen und ohne Eskalation“, so Macron. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij hatte ihm bei einer Videoansprache im französischen Parlament gedankt und für seine Führungsstärke gelobt – in diesen Zeiten eine Art der Wahlkampfhilfe.

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