Endergebnis in Frankreich: Rechtsextreme vorne, aber ohne absolute Mehrheit

Endergebnis in Frankreich: Rechtsextreme vorne, aber ohne absolute Mehrheit
Der Rassemblement National hat die erste Runde der französischen Parlamentswahl deutlich gewonnen. Die Partei liegt mit ihren Verbündeten bei 33 Prozent. Linksbündnis auf Platz zwei.

Marine Le Pen hat den Ruf, stets pünktlich zu sein. So beeilte sie sich auch an diesem Sonntagabend, als erste Politikerin öffentlich das Wort zu ergreifen. Nur zehn Minuten nach der offiziellen Bekanntgabe der Ergebnisse des ersten Durchgangs der französischen Parlamentswahlen stellte sich die Rechtsextreme in der nordfranzösischen Stadt Hénin-Beaumont triumphierend vor ihre Wähler.

 „Herzlich“, danke sie für ihr „Vertrauen, das mich ehrt und verpflichtet.“ Nicht nur Le Pen selbst wurde in ihrer Hochburg auf Anhieb mit 58 Prozent der Stimmen wiedergewählt. Auch lag ihre Partei Rassemblement National (RN) lag wie erwartet mit 33 Prozent der Stimmen glasklar vorn.

Ebenso wenig überraschend war die Schlappe für das Lager von Präsident Emmanuel Macron, das auf rund 2o Prozent der Stimmen kam und damit noch hinter dem Linksbündnis „Neue Volksfront“ landete, das 28 Prozent erreichte. 

Die konservativen Republikaner, von denen der bisherige Parteichef Éric Ciotti mitsamt einiger Kandidaten zum RN übergelaufen war, erzielten ein enttäuschendes Ergebnis von zehn Prozent. Sie dürften dutzende Sitze in der Nationalversammlung einbüßen, deren Zusammensetzung sich nach der zweiten Wahlrunde am nächsten Sonntag tiefgreifend verändern wird. 

In jedem Fall sieht alles danach aus, dass das Regieren für Macron noch komplizierter wird als bisher, als seine Bewegung über eine relative Mehrheit der 577 Sitze verfügte.

Macrons Poker ging nicht auf

Der Staatschef hatte am Abend der EU-Wahlen die Auflösung der Nationalversammlung angekündigt und kurzfristig Neuwahlen angesetzt. Das Kalkül dahinter bestand wohl darin, gemäßigte Konservative und Sozialisten zu gewinnen, um eine Art große Koalition gegen den rechten RN zu bilden. 

Doch die Rechnung ging nicht auf. Die linken Parteien machten ihm einen Strich durch die Rechnung: Sie einigten sich auf eine Allianz und teilten alle Wahlkreise untereinander auf, um die eigenen Chancen zu erhöhen.

Endergebnis in Frankreich: Rechtsextreme vorne, aber ohne absolute Mehrheit

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nutzte am Vormittag jede Gelegenheit für Selfies mit Anhängern.

Rassemblement National kämpft noch um die absolute Mehrheit

Entscheidend ist nun, ob die Rechtsextremen am nächsten Sonntag weiter dazugewinnen und somit die nötigen 289 Sitze für eine absolute Mehrheit im Parlament erreichen können. Aktuell ist davon auszugehen, dass sie mit maximal 280 Sitzen haarscharf daran vorbeischrammen. 

Wie viele Sitze die jeweiligen Parteibündnisse letztlich in der Nationalversammlung bekommen, entscheidet sich nämlich erst am 7. Juli. Dann findet der zweite Durchgang statt, bei dem in vielen Wahlkreisen Stichwahlen stattfinden - nämlich überall dort, wo noch kein lokaler Kandidat mehr als 50 Prozent der Stimmen für sich gewinnen konnte.

Macron und Linkspopulist Melénchon wollen sich nächste Woche gegenseitig unterstützen

Macron selbst rief deshalb noch am Wahlabend zu einem „demokratischen und republikanischen Zusammenschluss“ gegen den RN auf. Sein Premierminister Gabriel Attal erklärte daraufhin, rund 60 Kandidaten aus Wahlbezirken zurückzuziehen, in denen diese nur auf dem dritten Platz landeten – um die Chancen anderer, gemäßigter Kandidaten zu erhöhen. „Es darf keine Stimme an den RN gehen“, so Attal. Die Wahl sei eine „moralische Pflicht“, um „das Schlimmste“ zu verhindern. 

Auch Jean-Luc Melenchon, Vorsitzender der im Linksbündnis stärksten Partei LFI („Das unbeugsame Frankreich“) kündigte an, in keinem Wahlbezirk mehr antreten zu wollen, in dem ein LFI-Kandidat auf dem dritten Platz gelandet ist: "Wir werden dem RN nirgendwo einen Sieg ermöglichen."

Wohlwissend, dass die Verzichte seiner Partei in einigen Wahlkreisen schaden können, erklärte RN-Parteichef Jordan Bardella am Sonntag ungewohnt demütig: „Es ist noch nichts gewonnen.“ Der 28-Jährige will nur im Fall einer absoluten Mehrheit Premierminister werden.

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