Wo Macron seine Soldaten in der Ukraine einsetzen könnte

"Wenn man also in die Ukraine oder anderswohin gehen muss, dann gehen wir", sagt ein Soldat des 126. Infanterieregiments der französischen Streitkräfte gegenüber der Zeitung Le Monde. Sein Verband könnte zu jenen Truppenteilen gehören, die von der französischen Regierung in die Ukraine geschickt werden könnten. Betonung auf könnten.
Vor mehr als einem Monat brachte der französische Präsident Emmanuel Macron auf einem kurzfristig einberufenen Ukraine-Gipfel in Paris die Entsendung französischer Bodentruppen ins Spiel. Sehr zum Missfallen der US-Regierung, die dadurch eine Eskalation der Spannungen mit Russland fürchtet. „Er redet mehr als er tut“, heißt es von US-Kritikern. Ebenso missfiel Macrons Erwähnung von Bodentruppen dem deutschen Kanzler Olaf Scholz, der mit Frankreich nicht nur in puncto Unterstützung für die Ukraine über Kreuz liegt.
Weiter Spekulationen
Seither hören die Spekulationen über die Motivation Macrons nicht auf: Wollte er sich einmal mehr als Anführer Europas inszenieren? Will er auf „Unberechenbarkeit“ setzen und damit Russlands Präsidenten Wladimir Putin einschüchtern? Oder ist es ihm ernst? Und wenn es ihm ernst ist: Bleibt es nur bei Worten, oder folgen auch Taten?
In russischen Militärblogs ist der Hohn jedenfalls groß, Parallelen zu Napoleons gescheitertem Russlandfeldzug werden gezogen. Da kommt es nicht ungelegen, dass gerade das 126. Infanterieregiment sich 1812 opferte, um den Rückzug der französischen Armee über den weißrussischen Fluss Beresina zu decken.
Derzeit gilt es als unwahrscheinlich, dass Frankreich in absehbarer Zeit einen Einsatz seiner Streitkräfte in der Ukraine befiehlt. Doch angenommen, die Ereignisse überschlagen sich und Macron macht Ernst – welche Szenarien wären denkbar?
Schwer kalkulierbares Risiko
Für einen Einsatz könnte Frankreich realistischerweise eine Division schicken – ein Verband mit etwa 20.000 Soldaten. Ein Szenario wäre, dass diese Soldaten die ukrainisch-belarussische Grenze schützen – und dadurch bis zu 140.000 ukrainische Soldaten freimachen, die an der Front im Osten eingesetzt werden könnten. Ein erneuter russischer Angriff von Norden würde dadurch unwahrscheinlicher, müsste man doch zuerst gegen offizielle NATO-Truppen kämpfen. Fraglich ist jedoch, ob Putin sich davon abhalten ließe. Das Risiko ist schwer kalkulierbar.
Fest steht: Sollten in der Ukraine französische Soldaten von russischen Soldaten angegriffen werden, würde damit nicht der NATO-Bündnisfall in Kraft treten.
Ein weiteres Szenario: Frankreich entsendet Soldaten mit Luftabwehrsysteme, um französische und deutsche Rüstungsfabriken, die in der Ukraine gebaut werden sollen, zu schützen. Dasselbe könnte für Städte wie Kiew und Odessa gelten.
Ebenfalls möglich wäre, dass französische Soldaten einerseits Minen räumen und andererseits ukrainische Soldaten im Land ausbilden.
Macron selbst entgegnet seinen Kritikern, er bliebe dabei – seine Statements seien „gut durchdacht“ gewesen und dass Frankreich keine Eskalationsspirale mit Russland lostreten werde. Ebenso würden seine Soldaten „nicht in die Offensive gegen Russland gehen“.
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