Frankreich: Schüler gedachten des enthaupteten Lehrers
Aus Paris von Simone Weiler
Auf diesen ersten Montag nach zwei Wochen Ferien hatten die Lehrer in Frankreich sorgenvoll geblickt. Würden alle Schüler die Schweigeminute für den Pädagogen Samuel Paty respektieren, der Mitte Oktober von einem Islamisten enthauptet worden war, nachdem er in einer Klasse Mohammed-Karikaturen aus dem Satiremagazin Charlie Hebdo gezeigt hatte? Oder würden, wie 2015 nach den Anschlägen auf Charlie Hebdo und einen jüdischen Supermarkt, manche muslimische Schüler erneut das Gedenken verweigern? Groß war die Nervosität – ebenso die Erleichterung, als alles ruhig verlaufen war.
Nach drei islamistischen Attacken innerhalb von wenigen Wochen ist die Stimmung im Land aber angespannt. Anders als die meisten vorherigen Attentate wurden die jüngsten nicht von französischen Staatsbürgern verübt, sondern von Ausländern.
Islamistische Täter
Patys Mörder war ein 18-jähriger Tschetschene, der seit seiner Kindheit in Frankreich lebte. Ende September verletzte ein 25-Jähriger aus Pakistan zwei Personen vor dem ehemaligen Redaktionsgebäude von Charlie Hebdo mit einem Fleischermesser schwer. Es habe ihn „wütend gemacht“, so der Täter, dass die Zeitschrift zum Auftakt des derzeit stattfindenden Prozesses um die Anschläge von 2015 erneut satirische Abbildungen des Propheten Mohammed veröffentlicht hatte. Vergangenen Donnerstag tötete ein 21-jähriger Tunesier, der erst kurz zuvor über Lampedusa nach Europa eingereist war, drei Menschen in einer Kirche in Nizza.
„Wir befinden uns im Krieg gegen einen Feind, der ein äußerer und ein innerer Feind ist“, sagte Innenminister Gérald Darmanin. „Wir sind nicht im Krieg gegen eine Religion, sondern gegen eine Ideologie, die islamistische Ideologie.“ Er stockte die Militäroperation „Sentinelle“, die vor allem Glaubensstätten und Schulen absichern soll, um 4.000 Mann auf insgesamt 7.000 Soldaten auf.
Die Angst ist groß. Tatsächlich ereigneten sich in den vergangenen Jahren in keinem anderen europäischen Land so viele Terroranschläge. Seit 2015 haben diese insgesamt 270 Menschen das Leben gekostet. Experten begründen dies einerseits mit dem hier geltenden Gebot der Laizität, der Trennung von Staat und Religion, das manche als Islamfeindlichkeit auslegen.
Macrons Versicherung bei der Trauerfeier für Samuel Paty, im Namen der Meinungsfreiheit auch künftig nicht auf Mohammed-Karikaturen zu verzichten, provozierte zudem wütende Proteste und Boykott-Aufrufe französischer Produkte in mehreren muslimisch geprägten Ländern. Andererseits steht Frankreich durch seine militärischen Aktionen in muslimischen Ländern wie Mali, Libyen oder Syrien im Fokus.
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