"Lasst unsere Gebärmütter in Frieden!" Warum Frankreichs Frauen sich mit Macron anlegen
In unserer Reihe "Warum sollte mich das interessieren?" behandeln Ingrid Steiner-Gashi und Evelyn Peternel Themen, die manchmal noch weit weg erscheinen, für jede und jeden hier in Österreich jedoch große Bedeutung haben.
Der Tweet ging durch die Decke. „Lasst unsere Gebärmütter in Frieden!“, schrieb die französische Frauenrechtlerin Anne-Cécile Mailfert, die Worte wurden umgehend zum Hashtag. Ihr Adressat? Präsident Macron. Er hatte wegen fallender Geburtenraten martialisch zur „Wiederaufrüstung“ gerufen – gratis Fertilitätstests für alle 25-Jährigen inklusive.
Geburts-Wunderland
Frankreich galt lange als Europas Wunderland in Sachen Nachwuchs. Zwei Kinder pro Frau waren normal, das gesellschaftliche Ideal lag sogar bei drei. Die EU-Statistik führten die Franzosen über Jahre an: Während Frauen in Spanien im Schnitt 1,2 Kinder, in Österreich etwa 1,5 bekamen, waren es in der Grande Nation lange Zeit 2. Seit ein paar Jahren ändert sich das aber stetig: 2023 wurden in Frankreich gut sieben Prozent weniger Babys geboren als noch im Jahr davor – und fast 20 Prozent weniger als noch 2010.
Dass Macron die „Geißel der Kinderlosigkeit“ auf biologische Ursachen zurückführte, brachte ihm aber den Zorn vieler Frauen ein. Nicht nur die martialische Sprache regte sie auf („Kinder sind keine Waffen“, hieß es), sondern vor allem die Reduktion der Frauen auf das Gebären. In Frankreich, einem Land mit langer feministischer Tradition, eine Todsünde – Alice Schwarzer ging dort schon mit Simone de Beauvoir auf die Straße, als die Deutschen mit dem Kampf gegen aus der Zeit gefallene Moral kaum etwas anfangen konnten.
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