Frankreich hat eine Islamismus-Krise
„Frankreich befindet sich in einem Krieg gegen die islamistische Ideologie“, sagte der französische Innenminister Gerald Darmanin am Freitag und fürchtete, dass es auch weiterhin zu Terroranschlägen wie jenem am Donnerstag in Nizza kommen könnte.
7.000 Soldaten sollen landesweit Kirchen und Schulen schützen, Präsident Emmanuel Macron hat die höchste Terrorwarnstufe ausgegeben. Während Frankreich nach den islamistischen Angriffen trauert, haben die Behörden einen 47 Jahre alten Mann festgenommen, der mit dem Angreifer von Nizza Kontakt gehabt haben soll.
Er könnte ein Komplize des Tunesiers sein, der in der Basilika Notre-Dame drei Menschen ermordet hat. Der Attentäter war im September illegal auf der Mittelmeerinsel Lampedusa angekommen. Nach italienischen Berichten ging er mit anderen Bootsmigranten an Land und wurde im Oktober ins süditalienische Bari, die Hauptstadt Apuliens, gebracht. Dort soll er abgetaucht und nach Frankreich gekommen sein.
Wie er sich radikalisiert hat oder ob er bereits mit terroristischer Absicht nach Europa gekommen ist, ermitteln sowohl französische als auch tunesische Behörden. Die Mutter des Angreifers sagte jedenfalls, ihr Sohn habe sie in dieser Woche angerufen und erzählt, dass er nach Frankreich gereist sei. Von seinen Plänen habe sie nichts gewusst.
Die Anschläge der vergangenen Wochen sowie die heftigen Reaktionen der muslimischen Welt auf die Karikaturen des Satiremagazins Charlie Hebdo verschärfen die Islamismus-Krise, in der Frankreich seit Jahren steckt.
Ungefähr 8.000 potenzielle islamistische Gefährder werden vom französischen Inlandsgeheimdienst wegen möglicher terroristischer Aktivitäten beobachtet. Doch dass dies nicht die einzige Maßnahme sein kann, zeigen die letzten drei Anschläge mit Verbindung zu Charlie Hebdo: Sowohl der Pakistaner, der Ende September zwei Personen vor dem ehemaligen Sitz der Satirezeitschrift angriff und schwer verletzte, der Tschetschene, der den Lehrer Samuel Paty köpfte, als auch der Tunesier in der Basilika waren als Schutzsuchende nach Frankreich gekommen und befanden sich nicht auf dem Radar der Geheimdienste.
Erst Anfang Oktober hatte Macron angekündigt, stärker gegen Radikalisierung vorzugehen. Dabei hatte er vor allem die Bildung in den Blick genommen – ein entsprechender Gesetzentwurf soll im Dezember vorgelegt werden. Macron kündigte etwa an, dass Arabisch verstärkt in staatlichen Institutionen gelehrt werden soll. Auch sollen – ähnlich dem österreichischen Islamgesetz – Imame nicht mehr in Algerien, Marokko und der Türkei, sondern in Frankreich ausgebildet werden.
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