EU-Kommission möchte Familiennachzug reformieren

Derzeit gehören zur Kernfamilie Ehepartner sowie minderjährige Kinder.
Mit der Erweiterung des Familienbegriffs will die EU illegale Migrationsbewegungen entgegenwirken. Aus Deutschland und Österreich stößt das Vorhaben auf Widerstand.

Die EU-Kommission will die europäische Flüchtlingspolitik reformieren. Konkret geht es darum, den Begriff der Familienangehörigen so zu erweitern, dass künftig immer nur ein Staat für die Asylverfahren kompletter Großfamilien zuständig ist. Entsprechende Pläne liegen seit Mai vor, berichtet die Welt.

Bereits heute werden Familieneinheiten geschützt, indem immer nur ein EU-Mitglied für eine sogenannte Kernfamilie zuständig sein kann. Zu dieser Einheit werden aktuell aber nur die Ehepartner sowie minderjährige Kinder gezählt – und das nur, falls die Familie bereits im Herkunftsland bestanden hat.

Das soll sich mit einer Reform der Dublin-Regelung ändern. Der Begriff der Familienangehörigen soll auch auf Geschwister und auf Familien zutreffen, die sich erst in Ländern gebildet haben, die man durchquert hat. Damit will man der "irregulären Migrationsbewegungen und dem Untertauchen von Asylsuchenden entgegenwirken", begründet die Kommission das Vorhaben. Denn derzeit würden Angehörige, die laut EU-Bestimmung noch nicht zur Kernfamilie zählen, untertauchen und sich auf eigene Faust illegal zu ihren Verwandten durchschlagen.

Kritik aus Deutschland und Österreich

Die Idee der EU stößt in Deutschland auf Widerstand. Man befürchte, dass sich die Zahl der Zuzugsberechtigten vervielfachen könnte. "Außerdem würden alle Bemühungen, die bisher zur Eindämmung der Zuwanderung getroffen wurden und die ja auch Erfolge zeigen, wie die Vereinbarung mit der Türkei, im Nachhinein konterkariert", sagte der innenpolitische Sprecher der CSU, Stephan Mayer, der Welt. "Das lehne ich entschieden ab." Ähnliche Bedenken äußert die SPD. Für Länder wie Deutschland, Griechenland oder Italien, die heute bereits für viele Verfahren zuständig sind, könnte sich die Arbeitsbelastung noch einmal erhöhen.

Auch in Österreich sieht man das Vorhaben der EU kritisch. Karl-Heinz Grundböck, Sprecher im Innenministerium, erklärt auf KURIER-Anfrage, dass man die Kernfamilie, wie sie derzeit definiert wird, als vollkommen ausreichend erachte. Eine Erweiterung würde unweigerlich zu einer "Erhöhung des Familiennachzugs" führen. Die Reform der europäischen Flüchtlingspolitik beinhalte positive Aspekte, wie der Automatismus bei der Verteilung der Flüchtlinge, die Erweiterung des Familienbegriffs gehöre aber nicht dazu, sagt Grundböck.

Derzeit ziehe erfahrungsgemäß auf zwei positive Asylentscheidungen (also zwei anerkannte Flüchtlinge) eine Person im Familiennachzug nach. 2015 habe es 14.000 positive rechtskräftige Entscheidungen gegeben, "dann kann man mit rund 7.000 Personen rechnen, die nachkommen", erklärt Grundböck. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 89.100 Asylanträge gestellt, rund zehn Prozent davon macht der Familiennachzug aus. Falls der Begriff der Kernfamilie weiter gefasst wird, erhöht sich auch der Familiennachzug, sagt Grundböck.

Kommentare