Auch SPÖ dafür: Asyl nur auf Zeit und Bremse für Familiennachzug

Familiennachzug wird erschwert.
Trotz Kritik in der Begutachtung kommt die von der ÖVP initiierte Verschärfung. Caritas-Chef Landau bekräftigt Vorbehalte: "Kein Nutzen, nur mehr Leid."

Eigentlich war davon auszugehen, dass die Anfang November von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) präsentierte Gesetzes-Verschärfung zu "Asyl auf Zeit" stark abgemildert werden wird. Denn: So gut wie alle Hilfsorganisationen lehnten den Entwurf ab. Und auch Koalitionspartner SPÖ äußerte immer wieder Skepsis.

Dann kam der insgesamte Schwenk der SPÖ in Flüchtlingsfragen und mit ihm nun "Asyl auf Zeit" in mehr oder weniger exakt jener Form, wie seinerzeit der Öffentlichkeit vorgestellt. In der heutigen Regierungssitzung soll die Novelle abgefertigt und dem Parlament zur Beschlussfassung weitergeleitet werden.

Integrations-Turbo

Nur ein einziger Verbesserungsvorschlag wurde eingearbeitet. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) hatte angeregt, doch die Integrationsfortschritte von Flüchtlingen bei der Verlängerung bzw. Aberkennung des Asylstatus nach drei Jahren zu berücksichtigen. Gute Integration sollte wie beim humanitärem Bleiberecht ausschlaggebend sein, Kurz erwartete sich davon nicht weniger als einen "Integrations-Turbo".

Das beschlussreife Gesetz kommt dem Anspruch ein kleines Stück weit nach, allerdings nur in einer Kann-Bestimmung. So kann das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bei der "Erlassung einer Rückkehrentscheidung" (vulgo: Abschiebung) die Teilnahme an Maßnahmen zur Integrationsförderung (z.B. Werte- und Deutschkurse) berücksichtigen.

Die verpflichtenden Deutsch- und Wertekurse finden sich in dieser Novelle noch nicht. Hintergrund dürfte eine Meinungsverschiedenheit sein: Die SPÖ will verpflichtende Deutschkurse für alle Asylwerber, die ÖVP nur für Asylberechtigte – was wesentlich billiger käme.

Kern von "Asyl auf Zeit" ist die neue Befristung des Asylstatus auf maximal drei Jahre. Die Regelung gilt für alle Flüchtlinge, die ab dem 15. November 2015 einen Asylantrag gestellt haben.

Einzelfallprüfung

Die Behörden prüfen einmal im Jahr, ob sich die politische Situation in den wichtigsten Herkunftsländern von Flüchtlingen maßgeblich geändert hat. Zusätzlich muss nach drei Jahren jeder Einzelfall geprüft werden, ob die Fluchtgründe noch gegeben sind. Entweder wird der Flüchtling danach abgeschoben oder sein Asylstatus unbefristet verlängert.

Verschärft wird auch der Familiennachzug, und zwar weniger bei Asylberechtigten, sondern vor allem bei subsidiär Schutzberechtigten (eine Art "Asyl light"). Betroffen sind davon vor allem Afghanen. Sie müssen trotz eines positiven Asylbescheids künftig drei Jahre (bisher ein Jahr) warten, bis sie ihre Familie nachholen dürfen.

Caritas-Präsident Michael Landau übt weiter scharfe Kritik an der Novelle. "Asyl auf Zeit" sei ein Placebo mit schädlichen Nebenwirkungen, insbesondere was die Integration anerkannter Flüchtlinge betrifft. Er erwarte sich "keinen Nutzen, aber jede Menge Leid und Schaden".

Welche Begriffe derzeit Flüchtlingsfrage diskutiert werden und was sie bedeuten:

Obergrenze

Bei ihrem Asyl-Gipfel hat die Bundesregierung beschlossen, dass heuer nur noch 37.500 Asylwerbern aufgenommen werden. (2015: 90.000). Wörtlich ist im Gipfelprotokoll aber von einem Richtwert die Rede. Allerdings deutet die Nennung des exakten Wertes von 37.500 daraufhin, dass der Richtwert doch wie eine starre Obergrenze zu interpretieren ist. Die ÖVP sagt deshalb auch Obergrenze zum Richtwert.

Richtwert

Der Charme des Wortes Richtwert liegt für die SPÖ in seiner Flexibilität. Die Roten sagen: Asyl ist ein Menschenrecht, da kann es keine – starre – Obergrenze geben, maximal unter bestimmten Bedingungen (Häupl). Soll heißen: Wenn nach dem 37.500. Flüchtling der nächste Syrer um Asyl ansucht, der erfolgreich Mord und Totschlag entkommen ist, darf er nicht abgewiesen werden. Allerdings ist SPÖ-Chef Faymann auch in diesem Punkt bereit, einzulenken. Der besagte Syrer dürfe um Asyl bitten, aber nicht in Österreich.

Schengen

Momentan ist viel von Schengen die Rede. Dahinter verbirgt sich ein Abkommen aus 1985, unterzeichnet in Schengen (Luxemburg). Mittlerweile sind mit Österreich 26 Länder dabei. Zentraler Inhalt ist, dass die Grenzen im Schengenraum nicht bzw. nur bei Ausnahme-Ereignissen kontrolliert werden, z. B. jetzt in der Flüchtlingskrise. Politisch läuft der Versuch, die Ausnahme-Erlaubnis für Flüchtlingskontrollen bis Ende 2017 zu verlängern. Deshalb fürchten viele das Ende von Schengen, was ein herber Rückschlag für die Reisefreiheit und den freien Warenverkehr wäre.

Dublin

Auch die irische Stadt ist zu Ehren gekommen. Es gilt schon die dritte Version des Dublin-Abkommens ("Dublin-III"). Es besagt, dass jenes EU-Land für das Asylverfahren zuständig ist, in dem der Flüchtling erstmals EU-Boden betreten hat. Derzeit ist das graue Theorie, weil Dublin de facto außer Kraft gesetzt ist und etwa Griechenland Flüchtlinge nach Mazedonien weiterschickt. Auch wenn nachgewiesen wird, dass der Asylwerber aus Griechenland kommt, darf er nicht dorthin zurückgeschoben werden – wegen unhaltbarer Zustände, das hat der Menschenrechtsgerichtshof entschieden.

Hotspot

In Aufnahmezentren an den EU-Außengrenzen sollen künftig die Asyl-Anträge gestellt werden und danach die Flüchtlinge (fair) über Europa verteilt werden. Diese Zentren werden als Hotspots bezeichnet. Der EU-Flüchtlingskommissar glaubt, dass die geplanten EU-Hotspots in Griechenland und Italien bis Ende Februar eingerichtet sein werden. Der deutsche Außenminister Steinmeier sagte jedoch, er wisse nicht, auf welcher Grundlage der Kommissar solche Aussagen tätige.

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