Die Gemeinde Mogán hat 20.000 Einwohner und im kleinen Hafenbecken wiegen sich vor allem blau-rot-weiße Fischerboote. Ausgerechnet der Fischereiverein, in dessen Restaurant sich nun Journalisten, Juristen und Polizisten tummeln, hat gegen die Migranten Stimmung gemacht. Vor einigen Wochen hat er eine Demonstration organisiert, an dem auch die Bürgermeisterin Onalia Bueno teilnahm. Sie wird nicht müde, sich über die fehlende Unterstützung der spanischen Regierung zu beschweren, die im drei Flugstunden entfernten Madrid sitzt. „Wir nennen es das Lager der Schande. Es erfüllt die hygienischen Standards nicht. Es gibt siebzehn Duschen, aber letzte Woche waren 2.000 Menschen gleichzeitig hier.“
Fischfangkörbe liegen in der Sonne vor der Absperrung durch die Guardia Civil. Ein paar Meter weiter, im Schatten eines LKWs, sammeln sich die Pflichtverteidiger. „Erstmal müssen sie einen Covid-Test machen und auf das Ergebnis hier im Hafen warten. Wir werden ihnen zugeteilt und helfen mit den Asylanträgen“, erklärt der Anwalt Julio Batista.
Festland wäre Anreiz
Das Innenministerium hat vergangene Woche damit begonnen, die Flüchtlinge in stillgelegten Militäranlagen unterzubringen. Auf das Festland sollen sie nicht gebracht werden, um keinen Anreiz für weitere Migranten zu schaffen, wie der Verkehrsminister José Luis Ábalos klarstellte. Und so stecken die Männer auf der Insel fest, die meisten werden sie wohl in Abschiebungsflügen wieder verlassen. Zur vorübergehenden Besserung der Lage hatten Hotelbesitzer ihre leer stehenden Hotelzimmer zur Verfügung gestellt.
Die Menschen, die in diesen Tagen auf Gran Canaria ankommen, haben ein anderes Profil als die Flüchtlinge, die 2015 aus Syrien nach Europa kamen. Die Afrikaner mussten nicht wegen Krieg ihr Studium abbrechen, sie können kein Englisch, sie haben kein Geld.
Sie kommen, weil durch das Coronavirus alles noch schlimmer geworden ist, weil es keine Arbeit in ihrer Heimat gibt. Die Menschen aus Mali, der Elfenbeinküste und Guinea haben einen Anspruch auf internationalen Schutz. In brüchigem Französisch erzählt ein junger Mann um die 20, er sei vor Hunger geflohen, vor Armut und Krieg. Er spricht leise und mit verschränkten Armen.
Hinter ihm erstrecken sich Hotelkomplexe vor Palmen und braunen Felsen. Etwas weiter hinten glänzt das Meer. Dort sitzen deutsche „Lockdown-Flüchtlinge“ auf Stühlen im Sand. Die Touristen scheren sich nicht um die Migranten. Sie sind gekommen, weil die Infektionszahlen auf den Kanaren vergleichsweise niedrig sind und sie deshalb nicht mehr als Risikogebiet gelten. Dazu kommt, dass die Inselgruppe der Kanaren seit jeher ein beliebtes Urlaubsziel war.
Aber durch die Pandemie ist auch hier der Tourismus eingebrochen. Die Inselbewohner wissen nicht, wie es weitergehen soll. Eine Bürgerplattform droht damit, die Hotelbetreiber zu verklagen, weil sie durch das Aufnehmen der Migranten der Tourismusbranche schadeten.
Ein junger Mann aus dem Senegal telefoniert mit seiner Mutter. Das Hotel-W-Lan reicht bis hierher auf die Mauer, auf der er sitzt. Fröhlich zeigt er ihr Gesicht auf dem Bildschirm in die Runde seiner Kollegen. Sie alle wollen endlich weiter nach „Grand Espagne“, auf das Festland. Sie können nicht länger hier rumsitzen, müssen doch Geld verdienen, denn die Familie wartet. Es scheint, sie haben keine Ahnung, können nicht verstehen, welche Realität sie wirklich erwartet.
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