Finanzplatz London: "Take the money and run"

Finanzexperten vor den Toren der Londoner Börse
Als Alternativen bieten sich Amsterdam, Dublin, Frankfurt und Paris an – britisches Pfund verliert an Wert.

Der geplante Brexit macht die internationalen Banken nervöser als bisher angenommen. Die Banken, die seit Jahrzehnten in London tätig sind, lassen bereits Absiedlungspläne für den Worst Case ausarbeiten – offenbar nach dem Motto: Take the money und run. "Die Banken sind wahrscheinlich stärker als jede andere Branche von den Auswirkungen des Brexit betroffen", sagte Anthony Browne, Chef der British Bankers' Association, der Nachrichtenagentur Reuters. Die kleinen Banken wollen schon vor Weihnachten mit der Verlagerung von Geschäftszweigen beginnen, die großen Banken im Frühjahr 2017. Allein JPMorgan beschäftigt rund 16.000 Mitarbeiter in London, bis zu 4000 Jobs könnten verlagert werden.

Denn: Die Banken fürchten, dass ihre Geschäfte in der EU durch den Brexit stark eingeschränkt werden. Noch ist unklar, ob Großbritannien weiterhin Zugang zum europäischen Binnenmarkt haben wird. Erst Ende März 2017 will die britische Premierministerin Theresa May den EU-Austritt beantragen, bis dahin können die Banken aber nicht "untätig" warten.

Sie rechnen mit einem "harten Brexit", sprich einschneidenden Maßnahmen. Als Alternative zu London bieten sich die Finanzplätze Amsterdam, Dublin, Frankfurt und Paris an.

"Wir gehen davon aus, dass London weiterhin ein großer Finanzstandort bleiben wird", sagt Thomas Schlüter vom deutschen Bankenverband zum KURIER. "Die in Großbritannien ansässigen Banken brauchen künftig aber eine neue EU-Lizenz, die können sie zum Beispiel in Frankfurt bekommen." Konkrete Signale, welche Banken mit Frankfurt liebäugeln, hat er noch keine.

"Es ist zu früh, die Banken schauen jetzt erstmal, welche Geschäfte betroffen sind, und wo neue Abkommen geschlossen werden müssen", sagt Schlüter. "Wir hoffen, dass das für Frankfurt von Nutzen sein wird."

Indes schwächelt das britische Pfund weiter. Musste man vor einem Jahr für 100 Pfund 138,80 Euro hinblättern, so waren es am Montag nur noch 112,30 Euro. Die Verfall dürfte sich fortsetzen. Da das Pfund auch zum Dollar 18 Prozent an Wert einbüßte, ziehen einzelne US-Konzerne Konsequenzen. Microsoft erhöht in Großbritannien seine Softwarepreise um 13 Prozent, die der Dienstleistungen um 22 Prozent.

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