Kanzler Faymanns First Lady für Brüssel

Wird Regner EU-Spitzenkandidatin? Faymann denkt noch nach.
Die Gewerkschafterin hat gute Chancen, die SPÖ in den EU-Wahlkampf zu führen.

Mit Abschluss der Regierungsbildung kurz vor Weihnachten hat in der SPÖ schon das nächste Kandidaten-Casting begonnen: Im Jänner wollen die Genossen unter Werner Faymann festlegen, wer die Nummer eins für die EU-Wahl wird. Die Chancen stehen gut, dass erstmals eine Frau die rote Liste anführt: Evelyn Regner, seit 2009 im EU-Parlament, gilt neben Delegationsleiter Jörg Leichtfried als Favoritin für den ersten Platz.

„Mindestens 50:50“ stünden Regners Chancen auf die Spitzenkandidatur, sagt ein Roter mit Einblick in die Überlegungen der Parteispitze zum KURIER. Wer ist die Frau, der zugetraut wird, die Kanzlerpartei in die EU-Wahl zu führen?

Ihre politischen Wurzeln hat Evelyn Regner in der Gewerkschaft: Vom sozialpolitischen Referat des ÖGB wechselte sie vor bald 15 Jahren nach Brüssel, wo sie neun Jahre das EU-Büro des Gewerkschaftsbundes leitete (siehe Info unten). Seit 2009 ist sie Abgeordnete, in vier Jahren im Parlament hat sie sich über Fraktionsgrenzen hinweg einen guten Ruf erarbeitet. Fleißig sei sie, sagen Kollegen; angenehm im Umgang, aber hart in der Sache.

„Einen Namen gemacht“

Aus den nicht immer per se breitenwirksamen Themen im Rechtsausschuss „hat sie etwas gemacht“, sagt Hannes Swoboda, Fraktionschef der Sozialdemokraten im Parlament, zum KURIER. „Sie ist engagiert und anerkannt, hat sich in relativ kurzer Zeit einen guten Namen gemacht.“ Geholfen hat der Juristin dabei, dass sie sich dank jahrelanger Vorerfahrung trittsicher auf dem europäischen Parkett bewegt. So gut Französisch sprechen zu können, dass man damit auch locker Live-Diskussionen im Fernsehen bestreiten kann, ist im EU-Parlament bekanntlich auch kein Nachteil.

Wie sieht sich die mögliche Spitzenkandidatin selbst? „Wenn ich eines nicht bin, dann populistisch“, sagt Regner über Regner. Und noch eines sei sie nicht: „Ich bin null eitel, persönlich macht mir das nichts, wenn mich niemand kennt“, sagt sie zum KURIER. In der jüngsten Umfrage der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik erreichte Regner den drittbesten Wert, obwohl sie nur sieben Prozent der Befragten nennen konnten. Die mageren Bekanntheitswerte – 64 Prozent der Befragten konnten überhaupt keinen EU-Abgeordneten nenne – hält sie für „bedenklich, weil unsere Arbeit wichtig ist und Einfluss auf das Leben der Österreicher hat“.

Frauenquote

Zuletzt hat Regner mit einem Herzensthema Schlagzeilen gemacht: Sie war federführend bei der Position des Parlaments zur Frauenquote in Aufsichtsräten; vor wenigen Wochen wurde Regners Bericht mit breiter Mehrheit beschlossen. Das sei ihre „schönste Geschichte“ im Parlament gewesen, sagt Regner; dass ein so kontroversielles Thema mit solcher Mehrheit verabschiedet wurde, „hat gezeigt, dass es sich auszahlt, mit allen zu arbeiten, alle einzubeziehen“. Weil es nicht die übliche Aufteilung in Regierung und Koalition gibt, sei das EU-Parlament „eine helle Freude für jemanden, der gerne arbeitet“.

Thematisch ist Regner dort zu Hause, wo es um Gerechtigkeit geht: Bei der Frauenquote, beim Arbeitsrecht, der Regulierung der Finanzmärkte oder der Finanztransaktionssteuer. Themen, mit denen die SPÖ auch in den Nationalratswahlkampf gezogen ist. Auch deshalb, sagen Beobachter in Brüssel, wäre Regner eine passende Spitzenkandidatin. Sie selbst sagt: „Kein Kommentar.“

Drei Spitzenkandidaten für die EU-Wahl am 25. Mai stehen schon fest: Othmar Karas, Vizepräsident des Parlaments, führt die ÖVP-Liste an, Ulrike Lunacek – wie schon 2009 – jene der Grünen. Listenzweiter ist Michel Reimon aus dem Burgenland. Eva Lichtenberger kandidiert nach zehn Jahren nicht mehr. EU-Abgeordneter Ewald Stadler (Ex-BZÖ) tritt für die neue rechtskonservative Partei REKOS an.

Bei der ÖVP sind die Plätze hinter Karas noch nicht entschieden: Die ÖVP Steiermark will Ex-Justizministerin Beatrix Karl entsenden. Bleiben dürfte Abgeordneter Paul Rübig sowie Agrarexpertin Elisabeth Köstinger. Auch Seniorenbündler Heinz Becker will weitermachen; Hubert Pirker und Richard Seeber hören auf.

Als SPÖ-Fixstarter gelten Evelyn Regner und Delegationsleiter Jörg Leichtfried. Hannes Swoboda, seit 1996 im Parlament und dort Fraktionschef der Sozialdemokraten, tritt nicht mehr an.

Die Freiheitlichen wollen mit einer Doppelspitze antreten, eine Hälfte ist Brüssel-Routinier Andreas Mölzer.

Hans-Peter Martins Antreten gilt als fix; auch der fraktionslose Abgeordnete Martin Ehrenhauser will es probieren.

Die NEOS rechnen mit zwei Sitzen: Angelika Mlinar gilt als Nummer 1, ein derzeit laufender Vorwahlkampf entscheidet über die Liste.

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